Teil 6: Bundesdeutscher „Kampf gegen rechts“ als (latenter) Antisemitismus
Josef Schülburner
Die vorliegend online gestellte Abhandlung zeigt auf, daß der „Kampf gegen rechts“, der seit Integration des DDR-Kommunismus in den BRD-Verfassungsbogen“ wesentlicher Teil des Parteiverbotssurrogats ist, als latent antisemitisch einzustufen ist. Dies ergibt sich daraus, daß die Vorwürfe „gegen rechts“, nämlich Nationalismus zu propagieren und dabei einen ethnischen Volksbegriff zu vertreten, sich relativ schnell gegen Juden richten ließen. Dies beantwortet auch die Frage, wie die zunehmend festzustellende Wiederkehr eines linken Antisemitismus erklärt werden kann. Die Antwort lautet: Dieser Antisemitismus der politischen Linken ergibt sich automatisch, wenn der „Kampf gegen rechts“ zum wesentlichen politischen Anliegen wird, welcher dabei durch seine Verknüpfung mit dem Parteiverbotssurrogats der ideologiepolitischen Bekämpfung des sog. „Rechtsextremismus“ einen massiv diskriminierenden politischen Unterdrückungscharakter erhält. Der politischen Rechte wird nämlich von der linken Seite und damit auch von der ideologie-politisch ausgerichteten bundesdeutschen Staatssicherheit („Verfassungsschutz“) im wesentlichen vorgeworfen, was Antisemiten seit der Antike den Juden vorgeworfen haben, wozu insbesondere der Nationalismus gehört, also der Wunsch, sich die Identität als ein eigenes, im wesentlichen durch Abstammung bestimmtes Volk zu erhalten und es deshalb abzulehnen, sich universalistisch und multikulturell abschaffen zu lassen. Dementsprechend führt der bundesdeutsche „Kampf gegen rechts“ bei einigermaßen stringenter Handhabung zur Rückkehr des linken Antisemitismus.
Die bundesdeutsche Situation, einerseits nachhaltig einen „Kampf gegen rechts“ zu befürworten und andererseits gleichzeitig Antisemitismus als besonders verfassungsschlimm zu halten, obwohl diesbezüglich vielleicht nur eine bloße Meinungsbekundung vorliegt (die selbst in der nicht freien, aber freiheitlichen BRD als solche nicht strafbar ist), ist nämlich äußerst paradox, wenn man sich vor Augen führt, was der auf die hellenistische Antike zurückführende Antisemitismus den Juden vorgeworfen hat: „Die griechisch-römische Feindschaft … ist geprägt von Judenhaß aufgrund einer wirklichen jüdischen Eigenschaft, nämlich daß die Juden darauf beharrten, ihre jüdische Identität als ein abgesondertes Volk aufrechtzuerhalten“ (Peter Schäfer). Damit wurde dem Judentum seit der Zeit des Hellenismus, als das antike Griechentum universalistisch wurde und einen Multikulturalismus gebot, übersetzt in die Sprache des bundesdeutschen „Verfassungsschutzes“, d.h. von Parteiverbotsbegründungen und des Parteiverbotsersatzsystems „Rechtsextremismus“ vorgeworfen!
Auch die Kritik, die schließlich das Christentum gegenüber dem Judentum geltend machte, bestand darin, daß die Juden nicht das erlösungsbedürftige Individuum zum maßgeblichen Wert erheben, bei dem es nicht mehr darauf ankäme, ob einer Jude oder Grieche sei, sondern das (durch einen Priesterkönig der Endzeit = Messias) befreiungsbedürftige Volk! Der bundesdeutsche Vorwurf der Polizeiministerien / Inlandsgeheimdienste / Ideologiebehörden gegen den „Rechtsextremismus“ lautet in einer ähnlichen Weise, wenn dessen „antiliberale“ Haltung staatlich bekämpft wird, die nicht auf das Individuum und seine Menschenwürde ausgerichtet wäre, sondern auf das für eine Demokratie (Volksherrschaft) maßgebliche Volk als kollektive Größe.
Dies sollte deutlich machen, daß der „Kampf gegen Rechts“, welcher den Volksbezug des Demokratiegedankens unter Berufung auf universalistisch ausgerichteten Individualismus und Menschenwürde bekämpft, sich als latent antisemitisch darstellt: „Kampf gegen rechts“ ist Antisemitismus, weil sich die Argumentation (um den Begriff „Haß“ zu vermeiden) „gegen rechts“ ziemlich schnell gegen Juden und Israel richten läßt. Diese Erkenntnis ist dabei nicht auf die klassische Antike beschränkt, sondern hat, vermittelt durch den bewältigungsbedürftigen Antisemitismus des traditionellen Sozialismus (welcher der bundesdeutschen Zivilreligion weitgehend unbekannt ist), seine maßgebliche Bedeutung für die Neuzeit. Auch die Argumentation, welche die „Europäer“ zugunsten von „Europa“ vorbringen, ist direkt gegen die Existenz des Staates Israel gerichtet. Selbst die auf „Menschenwürde“ abgestellte Argumentation des Bundesverfassungsgerichts in der auf Verbotswirkung ausgerichteten Nicht-Verbotsentscheidung von 17.01.2017 gefährdet konzeptionell die israelische Staatskonstruktion, die auf den Erhalt des jüdischen Charakters des Staates Israels abzielt und dementsprechend als „völkisch“ auszumachende Prinzip zum zentralen Anknüpfungspunkt für den Erwerb der Staatsangehörigkeit macht. Wenn aber eine Position, die den Erhalt des deutschen Charakters der Bundesrepublik Deutschland anstrebt, gegen die Menschenwürde verstoßen soll, dann muß auch Israel als Menschenwürdeverstoß erkannt werden. Dieser Schlußfolgerung kann man sich nicht dadurch entziehen, indem man Israel und Judentum zu einem „Sonderfall“ erklärt, weil der dabei zum Ausdruck gebrachte Philosemitismus sehr schnell zum Antisemitismus führt, wenn er dann nicht schon fast automatisch als entsprechender Subtext vorhanden ist. Nicht zuletzt dies erklärt auch, wie der sich grundsätzlich philosemitisch verstehende Sozialismus wieder in Antisemitismus umschlagen könnte, ohne daß dieser Umschlag die Änderung einer sozialistischen Parteisatzung zur Voraussetzung haben müßte: Der Kampf der Linken und der ihr assistierenden (linken) Mitte „gegen Rechts“ trägt nämlich aufgrund einer langen, bereits auf die Spätantike zurückgehenden Universalismus-Problematik das Potential eines derartigen Umschlags des Sozialismus bzw. dessen Rückkehr zum (sozialistischen) Antisemitismus in sich. Die antiisraelischen und antisemitischen Tendenzen, die vor nicht allzu langer Zeit bei der ehemaligen SED, der Partei DIE LINKE festgestellt worden sind, dürften als eines der jüngsten Beispielsfälle diese Möglichkeit belegen. Der vorliegende Beitrag sieht den Ausgangspunkt dieser antisemitischen Tendenzen der politischen Linken im politischen Universalismus der entsprechend motivierten Europakonzeption, welche die universalistische Feinderklärung „gegen Rechts“ trägt: Der „Kampf gegen Rechts“ führt demnach erhebliches Antisemitismuspotential in sich! Der bundesdeutsche „Kampf gegen rechts“ und damit ein wesentlicher Teil des Parteiverbotssurrogats sind daher als latent antisemitisch einzuordnen!
Hinweis
Zur ergänzenden Lektüre wird die einschlägige Veröffentlichung des Verfassers empfohlen: Roter, brauner und grüner Sozialismus: Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus
Josef Schüßlburner
Roter, Brauner und Grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus,
2008, Lichtschlag Medien und Werbung KG, 24,80 Euro
ISBN-10: 3939562254, ISBN-13: 978-3939562252
Dieses Buch ist im März 2015 in unveränderter 3. Auflage wieder erschienen und nunmehr auch in einer Kindle-Edition für 6,99 Euro erhältlich. Erhältlich auch hier
Außerdem stellt der vorliegende Beitrag eine Ergänzung der jüngsten Veröffentlichung des Verfassers zu den bundesdeutschen Besonderheiten der Staatssicherheit dar
:
Josef Schüßlburner/Institut für Staatspolitik
»Verfassungsschutz«: Der Extremismus der politischen Mitte
Wissenschaftliche Reihe; 30 [Arbeitsgruppe 1: Staat und Gesellschaft]
62 Seiten, ermäßigt 5 Euro, ISBN: 978-3-939869-30-6, erhältlich hier
“Teil 6: Bundesdeutscher „Kampf gegen rechts“ als (latenter) Antisemitismus”