Sozialismusbewältigung Teil 29

29. Teil: Sozialismus als „Ende des Judentums“

Josef Schüßlburner

(Stand: 30.06.2023) In der Anschuldigungsschrift des Bundesverkehrsministeriums im zweiten von insgesamt drei gegen den Betreiber dieser Website wegen der Ausübung des Grundrechts der Meinungsfreiheit gerichteten beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren wurde diesem als Verletzung des beamtenrechtlichen Mäßigungsgebots (nachdem man ihm eine Verletzung der Gewährbietungsklausel nicht mehr vorwerfen wollte) zum Vorwurf gemacht: „…, auch die Ausführungen des Beklagten (in der Zeitschrift „Staatsbriefe“, Anm.) zum seiner Ansicht nach nicht rassistischen, sondern sozialistisch motivierten Antisemitismus Hitlers … stellen eine politische Betätigung dar. Die Ausführungen des Beklagten sind nicht vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt.“

In der sog. „Analyse“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz, verfaßt von einem der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzten linksextremistischen Mitarbeiter dieser Gedankenpolizeibehörde, siehe dazu die Dientaufsichtsbeschwerde hier!

auf die sich die erhellende Erkenntnis der Anschuldigungsschrift der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesverkehrsministerium abgestützt hat, wurde diese Einordnung des NS-Antisemitismus in die antisemitische Tradition des klassischen Sozialismus mit autoritärem staatlichem Wahrheitsanspruch als „eine unzutreffende und NS-apologetische Analogie“ angesehen, wenn behauptet würde, „Hitlers Antisemitismus sei nicht rassistisch, sondern sozialistische motiviert gewesen“ (wobei dies in dieser verkürzten Weise vom beschuldigen Verfasser auch gar nicht dargelegt worden ist). In der Tat: „Für die SPD gehören auch die Meinungen, ´die nicht davor zurückschrecken, den Sozialismus in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken´ zur Grauzone demokratiebedrohender Mentalitäten“ (so Christiane Hubo, Verfassungsschutz des Staates durch geistig-politische Auseinandersetzung. Ein Beitrag zum Handeln des Staates gegen Rechts, 1998).

Gemeint ist damit: Wenn man den NS und seine Maßnahmen eher der sozialistischen Ideenströmung zurechnet oder zumindest als von dieser inspiriert ausmacht, selbst wenn man den NS doch zusammenfassend als eher „rechts“ einordnen sollte (richtig wäre vielleicht die Einordnung: extremistische Mitte), dann zahlt sich die Bewältigung als „moralisch“ gegen Opposition gerichtete Staatsveranstaltung politisch nicht wirklich aus, weil dann weniger ein „Nationalismus“ (der in der BRD als „rechts“ gilt, obwohl der linke, d.h. linksextreme SPD-Gründer Lassalle ein derartiger Nationalist war) verantwortlich gemacht werden kann. Deshalb kann der Zusammenhang von Sozialismus und Nationalsozialismus nach SPD-Ideologie nicht zutreffend sein, weil sonst der parteipolitische Mehrwert der verbal praktizierten moralischen Überhebungen abhanden kommen könnte. Bewältigung würde dann keinen Spaß mehr machen (um die Juden geht es dabei wirklich nicht, auch wenn dies einige Wortführer nicht erkennen wollen).

Sozialdemokratische Machthaber in Ministerien und Inlandsgeheimdiensten müssen deshalb dann diese SPD-Ideologie zur „Verfassung“ hochstilisieren und darauf gestützt außerdienstliche Ausübung der Meinungsfreiheit als „rechtsextremistische Betätigung“ einstufen, was bei Beamten dabei gegen die Gewährbietungsklausel verstoßen soll, hilfsweise als Verletzung des Mäßigungsgebots oder, wenn gar nichts mehr zieht, des Achtungsgebots eingestuft wird, irgendetwas wird schon zutreffen. Wobei diese bekämpften Meinungsäußerungen nicht widerlegt werden, sondern bei Beamten einer disziplinarrechtlichen Verfolgung nach Möglichkeit mit dem Ziel der Dienstentfernung zugeführt werden und bei Vereinigungen, denen „Geschichtsrevisionismus“ als „Verfassungsverstoß“ vorgeworfen werden kann, zu Verbotsverfahren führen. Derartige Ideenunterdrückung ist kennzeichnend für den gegen oppositionelle Auffassungen gerichteten Demokratiesonderweg BRD, der dabei besondere Demokratieerlebnisse zeitigt.

Dies ist eingehend dargestellt in der im Februar 2025 erschienen politischen Biografie des Verfassers:

Als Rechtsabweichler im Ministerium. Befragung zu besonderen Demokratieerlebnissen

Nachfolgend wird (die staatlich bekämpften Ausführungen des Verfassers vertiefend aufgreifend) ausgehend vom Unterschied zwischen dem zeitgenössischen Segregationsrecht in US-amerikanischen Bundesstaaten, das man legitimer Weise als „Rassenrechts“ verstehen konnte, das erkennbar die „Nürnberger Gesetze“ des deutschen Nationalsozialismus inspiriert hat, die spezielle Stoßrichtung des NS-Rassismus dahingehend ausgemacht, daß diese Abweichung vom rezipierten amerikanischen „Rassenrecht“ als Teil der damaligen westlichen Werteordnung nur mit der antisemitischen Stoßrichtung des NS erklärt werden kann.

Diese antisemitische Stoßrichtung wiederum kann sinnvoll nur mit der sozialistischen Motivation der NS-Gesetzgebung und der weiteren Maßnahmen erklärt werden, die in den USA (zumindest auf staatlicher Ebene) nicht existiert hat, weil der weitgehend mit dem alternativen europäischen Sozialismus, also mit dem Faschismus kongeniale amerikanische Progressismus seinem calvinistischen Ausgang entsprechend philosemitisch eingestellt war, siehe hier!

Diese Progressiven waren daher zwar Rassisten, aber keine Antisemiten (eine automatische Gleichsetzung entsprechend BRD-Bewältigung ist ohnehin irreführend), die sich zwar über antisemitische Ausschreitungen in Rußland und dann in NS-Deutschland empört zeigten, aber die Lynchmorde an amerikanischen Negern letztlich dulden konnten. „Nationen, die noch nach Kriegsende von der rassischen Minderwertigkeit der Schwarzen überzeugt waren“, wollten dabei nicht erkennen, „daß jeglicher Rassismus – ob er nun auf Schwarze oder Juden zielte – aus demselben Stoff war“ (so eine im Text angeführte Bewertung in einem jüngeren Werk zum „Rassismus“, das aber dann ebenfalls eine Gleichordnung vornimmt, die nicht zwingend war, da es etwa durchaus philosemitische Rassisten geben konnte wie nichtrassistische Antisemiten).   

Der deutsche Nationalsozialismus leitet sich insofern vom sozialistischen Antisemitismus ab, den die Sozialdemokratie seit dem Streit um Eugen Dühring, theoretisch wohl der radikalste sozialistische Antisemit Deutschlands, durch einen Anti-Antisemitismus zu überwinden suchte. Trotzdem mußte Parteiführer August Bebel anerkennen, daß der Antisemitismus der Sozialismus (und nicht etwa der Nationalismus) des dummen Kerls sei. Dies reflektiert die Tatsache, daß der Unterschichten-Antisemitismus, wie er zuletzt bei gleichzeitigem Rückgang des religiösen Antisemitismus von den Zünften der mittelalterlichen Städte vertreten worden war (dafür steht etwa der Fettmilchaufstand in der freien Reichsstadt Frankfurt von 1614), als zentraler Ausgangspunkt des modernen Sozialismus angesehen werden kann, gewissermaßen als sich seiner selbst noch nicht bewußt gewordener Sozialismus. Deshalb trugen „seit dem Hochmittelalter bis weit in das 19. Jahrhundert – und, unter Gestaltwandel, womöglich bis in das 20. Jahrhundert hinein – unterbürgerliche, ´demokratische´ Bewegungen in der Stadt immer zugleich einen antijüdischen Charakter“ (Nachweis im Text).

Zentrale Erklärung für den Zusammenhang von Sozialismus und Antisemitismus ist, daß das, was als „Kapitalismus“ benannt wurde und der Sozialismus überwinden wollte (und wohl noch immer will) als „jüdisch“ eingestuft wurde. Dafür steht auch die berüchtigte Schrift von Karl Marx zur Judenfrage (seinerzeit ins Englische übersetzt mit: A world without Jews), die den antijüdischen Selbsthaß von Marx zum zentralen Ausgangspunkt seiner marxistischen Theorie macht. Geschichtlicher Ausgangspunkt für die weitgehende Gleichsetzung von Judentum mit Kapitalismus sind die Zinsprivilegien, die den Juden im Alten Reich eingeräumt worden waren und diese maßgebend, zurückgehend auf das ursprüngliche kirchliche Zinsverbot für Christen, zur Tätigkeit im Geld- und Kreditwesen abgedrängt hatte. Damit mußte maßgeblichen Sozialdemokraten wie dem Chefideologen Karl Kautsky trotz des sozialdemokratischen Anti-Antisemitismus das angestrebte Ende des Kapitalismus auch als das „Ende des Judentums“ erscheinen, ein Schlagwort, das auch fast gleichlautend der Titel einer kommunistischen Schrift der 1930er Jahre war. Dies ordnet sich ein in das, was Hannah Arendt als „Antisemitismus der Linken“  gekennzeichnet hat, für den die Annahme charakteristisch ist, „die Revolution würde gefördert, wenn die allgemeine Enteignung der Kapitalisten mit der Enteignung der jüdischen Kapitalisten begonnen würde, weil sie am typischsten für den Kapitalismus seien und ihre Namen den Massen am vertrautesten“ (Nachweis im Text).   

Die Formen des sozialistischen Antisemitismus des 19. Jahrhundert wurden wie folgt zusammengefaßt: „Manche Sozialisten befürworteten besondere antijüdischen Maßnahmen, angefangen von einem wirtschaftlichen Numerus clausus (Fourier) bis zu Entziehung der Staatsbürgerschaft (Picard). Andere waren für die Ausweisung aller Juden (Alhaiza), rechtfertigten Pogrome (Duchêne) oder riefen nach totaler Vernichtung (Dühring). Wieder andere sahen im Juden den ewigen Ausbeuter der Nichtjuden (Toussenel)  und in der jüdischen Rasse den unversöhnlichen Feind der arischen (Tridon,  Regnard)  und ließen keinen Zweifel daran bestehen, daß sie antijüdische Maßnahmen wünschten, ohne sie aber ausdrücklich zu formulieren“ (Nachweis im Text). „Der Sozialismus habe realistisch zu sein und die Idee des Rassenkampfes anzunehmen. Er müsse die höhere arische Rasse gegen die Angriffe der ´bedauernswert niedrigeren´ jüdischen Rasse verteidigen, die alles daran setze, den Reichtum der Welt an sich zu reißen“ (Nachweis im Text). Als Mittel des notwendigen, gegen die Juden gerichteten Rassenkampfes wurde allerdings der wissenschaftliche Sozialismus angesehen, „eine frankogermanische Schöpfung, das heißt arisch im wahrsten Sinne des Wortes.“ Damit hat der französische Sozialismus durch ehemalige Kämpfer der Pariser Kommune die Weichen zum expliziten Nationalsozialismus gelegt, wofür als maßgebliche Person Edouard Drumont (1844-1917) genannt werden kann. Diese Vorgeschichte erklärt, weshalb sich die Sozialistische Internationale 1891 nur zu einer äußerst lauen Verurteilung des Antisemitismus aufraffen konnte, um zu vermeiden, der Judenfreundlichkeit bezichtigt zu werden, was dann in der Tat eine zu große Kehrtwendung zur bisherigen Propaganda dargestellt hätte. Der SPD-Kongreß in Köln hielt 1893 in Übereinstimmung mit der Internationalen den Antisemitismus zwar für reaktionär, schrieb ihm aber trotzdem eine revolutionäre Funktion zu; sie verstanden den Antisemitismus „gleichsam als noch nicht zum Bewußtsein seiner selbst gekommener Sozialismus.“ 

Der Anti-Antisemitismus der Sozialdemokratie blieb sehr ambivalent, was auch darauf zurückzuführen ist, daß Eugen Dühring, der schon als möglicher SPD-Chefideologe gehandelt worden war (was Friedrich Engels zu seinem „Anti-Dühring“ veranlaßte), einerseits als der extremste Antisemit Deutschlands eingestuft werden kann, den man wegen seiner Gegnerschaft zu Karl Marx ablehnte (nur indirekt wegen seines extremistischen Antisemitismus), andererseits der SPD den Weg schließlich zum Godesberger Programm (und paradoxerweise zum israelischen Kibbuzim-Sozialismus) eröffnete. Während gleichzeitig sein Antisemitismus mit den innersozialistischen Vorwürfen, die Juden würden über den Marxismus als „jüdischer Theorie“ den edlen Sozialismus für ihre Zwecke manipulieren (so der russische Anarchist Bakunin) den Weg zu Adolf Hitler legte! Expliziter Gegner auch der deutschen Kommunisten in 1930er Jahren waren die „jüdischen Bankiers“ und das „Judenkapital“. Insbesondere wurde – auch – von kommunistischer Seite der SPD vorgeworfen, „durch jüdische Kapitalisten gefördert zu werden und damit den Sozialismus zu verraten.“  Dieser latente – manchmal auch offene – Antisemitismus innerhalb der organisierten Arbeiterschaft, der eben das von der sozialistischen Hauptströmung verdrängte und parteiamtlich, in der allerdings äußerst ambivalenten Weise auch bekämpfte Erbe des Frühsozialismus darstellte, dürfte dann wegen seines als wirklich revolutionär empfundenen Ansatzes sogar als ein besonderes Motiv für die später häufig zu beobachtenden Übertritte von Kommunisten zur NSDAP auszumachen sein. 

„Sozialismusbewältigung – Teil 29“

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