Freiheit unter Geheimdienstvorbehalt

Josef Schüßlburner

Wenn wir in einen Dialog mit anderen eintreten, bringen wir einige Essentials ein, die nicht verhandelbar sind. Dazu gehört die Freiheit der Rede, und dazu gehört vor allem, daß niemand wegen seiner Überzeugung zu Schaden gebracht werden darf. Eine lange, oft blutige grausame Geschichte hat uns in Europa gelehrt, daß diese Rechte niemals mehr zur Disposition gestellt werden dürfen“ (Bundespräsident Roman Herzog)

(Stand: 03.03.2025) Der nachfolgend zu Dokumentationszwecken unverändert online gestellte Artikel, der im Jahr 1998 in der Monatszeitschrift „Staatsbriefe“ erschienen ist, behandelt die beiden ersten ideologie-politischen Diskriminierungsmaßnahmen, denen der Betreiber der vorliegenden Internetseite, unterworfen war: s. dazu auch die auf dieser Internetseite eingestellte Biographie. Dies wird in seiner im Februar 2025 erschienen politischen Biographie: Als Rechtsabweichler im Ministerium. Befragung zu besonderen Demokratieerlebnissen eingehend behandelt:

Josef Schüßlburner und Bernd Kallina
Mit einem Vorwort von Bundesminister a.D. Prof. Dr. Rainer Ortleb
Klappenbroschur DIN A5
496 Seiten, 24,80 Euro
ISBN 978-3-87336-851-4
Veröffentlicht am 10.02.2025 beim Gerhard Hesse Verlag

Vorliegend geht es dabei als erstes um die Attacke des Landesamtes für Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW), dessen „Verfassungsschutzbericht“ dem Verfasser ohne seine namentliche Erwähnung dabei vorgeworfen hat, ein „völkisches Staatskonzept“ zu vertreten, was mit der Aussage in einem Artikel begründet wurde, wonach auch nach dem Grundgesetz Demokratie „Volksherrschaft“ und nicht „Bevölkerungsherrschaft“ bedeute. Dazu mußte dieser „Verfassungsschutz“ zu den für ihn typischen gedankenpolizeilichen Analysemethoden greifen, die ziemlich verfälschende und unterstellende „Bewertungen“ beinhalten wie an der Gegenüberstellung dieser einschlägigen VS-„Bewertungen“ mit dem tatsächlich Geschriebenen nachgewiesen werden kann; s. dazu die tabellarische Gegenüberstellung von VS-„Bewertungen“ und tatsächlich Geschriebenen auf S. 25 f. des online gestellten Meinungsbeitrags.

Diese Vorgehensweise des Landes NRW „gegen rechts“ erfolgte im Zeitraum, als dessen „Verfassungsschutz“ in einer zentralen Weise die „intellektuelle Rechte“ als Verfassungsbedrohung vorführte, die so gefährlich wäre wie politisch motivierte Straftäter, eine gegen die Menschenwürde gerichtete Gleichsetzung, die durch den amtlichen Bekämpfungsbegriff „rechtsextrem“ pseudolegal abgedeckt wird. Dieser politologische Begriff ist gesetzlich nicht definiert und findet sich auch in der Rechtsgrundlage des Verfassungsschutzes nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen politischen Bekämpfungsbegriff in einer allerdings nicht direkt VS-relevanten Entscheidung als rechtlich unbrauchbar eingestuft: s. Beschluß vom 08. Dezember 2010 unter Aktenzeichen 1 BvR 1106/08 und dabei Randnummer 20:

Zum Zeitpunkt des damaligen geheimdienstlichen und staatspropagandistischen Vorgehens insbesondere gegen die „Junge Freiheit“ gab es keine nennenswerte Rechtspartei, so daß man sich schon aus Beschäftigungsgründen und zum Nachweis der Erforderlichkeit eines derartigen sonderweglichen „Demokratieschutzes“ („Auf der Suche nach dem verlorenen Feind“ lautete deshalb ein Buchtitel) dem intellektuellem Umfeld einer zu erwartenden neuen Rechtspartei annahm, um von vornherein das Aufkommen einer derartigen Partei zu verhindern. Dies ist dem VS-System bis zum Aufkommen der Partei Alternative für Deutschland (AfD) weitgehend gelungen: „Schill-Partei“ und „Bund freier Bürger“ wurden vom VS eher indirekt tangiert und strapazierten (Ausnahme Hamburg) nie wirklich die 5%-Toleranzgrenze der „demokratischen Parteien“ (so der einschlägige Begriff nicht des Grundgesetzes, sondern nach DDR-Verfassungsrecht von 1949).

Auch wenn formal kein Zusammenhang besteht, kann vermutet werden, daß diese Attacke des Landesamtes für Verfassungsschutz NRW gegen den namentlich nicht genannten Verfasser den Ausgangspunkt des ersten von insgesamt drei gegen den Verfasser eingeleiteten Disziplinarverfahren dargestellt hat. Dieses erste Verfahren, ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren nach der damaligen beamtenrechtlichen Rechtslage des Bundes, wurde von der Behörde, dem Bundesministerium für Verkehr, aufgrund des Vorermittlungsberichts des dazu beauftragten Verwaltungsrichters aus Köln, der vorübergehend als Ministerialbeamter im Bundesjustizministerium eingestellt war, mit Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts von Amts wegen eingestellt: Es läge in dieser Ausübung der Meinungsfreiheit keine Dienstpflichtverletzung vor (bzw. gerade noch nicht, völlig berechenbar ist dieses ideologisch überformte Recht nie, das dabei nur antioppositionell zur Anwendung gebracht wird).

In der Angelegenheit der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ sollte, wie schon bemerkt, das Bundesverfassungsgericht in seiner JF-Entscheidung die Verfassungswidrigkeit des Vorgehens des sog. „Verfassungsschutzes“ des Bundeslandes NRW erkennen. Also Rechtswidrigkeit und Verfassungswidrigkeit des verfassungsfeindlichen „Verfassungsschutzes“ NRW!  

Über das Bundesamt für Verfassungsschutz, vermittelt vermutlich durch eine sozialdemokratische Zusammenarbeit des entsprechenden Personals in Köln mit demjenigen des genannten Landesamtes in Düsseldorf, wurden dem Betroffenen aufgrund eines Schreiben des Bundesinnenministeriums an das Bundesverkehrsministerium folgende Veröffentlichungen zum Vorwurf gemacht (s. S. 28 des nachfolgend online gestellten Artikels):

1. Altes Reich und politische Mentalität der Deutschen, in: Criticón Nr. 148, Heft Oktober – Dezember 1995

2. Democracy und Pazifischer Krieg, in: Junge Freiheit (JF) Nr. 30/95 vom 28. Juli 1995

3. Mecklenburg und die deutsche Verfassungsentwicklung, in: JF Nr. 34/95 vom 28. August 1995

4. Doktrin der Manifest Destiny, in: JF Nr. 2/96 vom 12. Januar 1996

5. Demokratie oder Soziokratie, in: Staatsbriefe 5-6/96

6. Europa als Reichsersatzideologie, in: Staatsbriefe 7/96

7. Liberalextremismus, in: Staatsbriefe 9-10/96 und

8. Der Nationalsozialismus als Abart des Sozialismus, in: Deutsche Annalen 1996

Diese Aufsätze sollten dann förmlich auf Verletzung beamtenrechtlicher Verpflichtungen geprüft werden. Die dabei implizierten Vorwürfe konnten dabei nur erahnt werden. Es handelt sich erkennbar nicht um Vorwürfe, daß etwa eine rechtswidrige Handlung begangen worden oder eine derartige Handlung geplant gewesen wäre. Die dienstrechtliche Relevanz war von vornherein nicht zu erkennen. Es ging vielmehr um ideologische Vorwürfe – wie soll man dies sonst einstufen? – die dem zur weltanschaulichen Neutralität verpflichteten Rechtstaat eigentlich unbekannt sein müßten.

Aber Freiheit steht in der nicht freien, sondern nur freiheitlichen Bundesrepublik Deutschland zumindest im Fall der parteipolitischen Tätigkeit, insbesondere hinsichtlich der parteipolitischen Aktivität von beamteten Parteimitgliedern unter einem gegen oppositionelle Auffassung gerichteten Geheimdienstvorbehalt. Dieser Vorbehalt bringt sich dann auch gegen das intellektuelle Vorfeld möglicher parteipolitischer Aktivitäten zum Ausdruck, damit eine amtlich befürchtete neue Partei von vornherein mit ideologie-politischen Vorwürfen wie „Geschichtsrevisionismus“ verhindert wird.

Bei diesem Geheimdienstvorbehalt gegenüber der Meinungsfreiheit geht es demnach um den Vorbehalt der staatlichen Ideologiekonformität freier Meinungsäußerungen, die der öffentlich in Erscheinung tretende Inlandsgeheimdienst auf „Verfassungsfeindlichkeit“ prüft. Dies impliziert dann in der Regel keinen Vorwurf der Illegalität, sondern einer ideologischen Illegitimität, wodurch der „Verfassungsschutz“ einen zentralen rechtsstaatlichen Grundsatz negiert, daß nämlich legales Verhalten rechtlich auch legitimes Verhalten darstellt; s. dazu im Alternativen VS-Bericht das Kapitel: Gegen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gerichtete Bestrebungen  

Worin allerdings bei den aufgeführten Veröffentlichungen die „Verfassungsfeindlichkeit“ bestehen soll, ist nie wirklich klar gewesen, es sei denn sie bestand allein darin, daß die Ausführungen am „falschen Ort“ wie etwa in der seinerzeit vom NRW-Landesamt wegen deren Rechtsstreit besonders „beobachteten“ „Jungen Freiheit“ oder in den „Staatsbriefen“ erschienen sind. Man kann aufgrund der Auswahl der zum Vorwurf gemachten Artikel und auf der Grundlage der Lektüre von Ausführungen des damaligen Chefideologen „gegen rechts“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Pfahl-Traughber

s. dazu auch den 9. Teil der Serie zum Parteiverbotssurrogat: Verfassungsideologie in der Bundesrepublik als politologische Salamitaktik zur Erweiterung der „Verfassungsfeindlichkeit“ nur erahnen, was da linksstaatlich als „Verfassung“ geschützt werden sollte: Dazu gehört vermutlich der das Prinzip der  Volkssouveränität ablösende sog. „Verfassungspatriotismus“ (Nr. 1), der Glaube an die politische Unfehlbarkeit und die geschichtliche Makellosigkeit des „Westens“ (Nr. 2 und 4), natürlich der den weltanschaulich-politischen Pluralismus ablösende (wohl überwiegend rassisch verstandene) Multikulturalismus (Nr. 3 und 5) und die damit verbundene Überwindung / Delegitimierung des demokratischen Nationalstaates (Nr. 1, 5 und 6), die Integrität einer staatlichen Bewältigungsdoktrin mit zahlreichen verfassungsideologisch geschützten Dogmen wie insbesondere die politische Unschuld des Westens etwa am Rassismus (Nr. 2, 3 und 8) und – damit außenpolitisch zusammenhängend – die die demokratische, weil „westlich“ verstandene „Einbindung“ der Deutschen sichernde Irreversibilität, Rationalität und Alternativlosigkeit der Europapolitik (Nr. 1, 4 und 6).

Der interessierte Leser kann die angebliche „Verfassungsfeindlichkeit“ bei einigen Beiträgen insofern selbst nachprüfen als überarbeitete, d.h. fortgeschriebene und aktualisierte Fassungen auf dieser Website eingestellt sind, die jedoch im Kern das enthalten, was seinerzeit im Vorermittlungsverfahren auf disziplinarrechtliche Relevanz geprüft werden sollte, um dann eventuell in ein förmliches Verfahren überzuleiten.

So ist Nr. 5 der Vorwurfsliste nunmehr als 7. Teil der Serie zum Parteiverbotssurrogat eingegangen als: Verbot der Volksgemeinschaft: „Werte“ zur Erzwingung von Soziokratie (Bevölkerungsherrschaft) statt von Demokratie (Volksherrschaft).

Nr. 6 der Vorwurfsliste ist eingegangen im 11. Teil der Serie zur Europakritik: Die wahren Reichsbürger: die deutschen „Europäer“.

Nr. 7 der Vorwurfsliste ist eingegangen in Teil C 7 des Alternativen Verfassungsschutzberichtes: Verfassungsfeindlicher Liberalismus: Nationalliberalismus oder Liberalextremismus?

Nr. 2 und 4 der Vorwurfsliste sind eingegangen in die Serie zum Rassismus: Von der amerikanischen Sklaverei zum bundesdeutschen Kampf gegen rechts – Metamorphosen des Rassismus und Bewältigung und bunte Republik.

Und schließlich ist Nr. 8 der Vorwurfsliste letztlich in ein Buch überführt worden mit dem Titel: Roter, brauner und grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus, zuletzt 2015 erschienen und ergänzt durch die Serie zur Sozialismusbewältigung:

Der interessierte Leser kann daher als mündiger Bürger selbst die „Verfassungsfeindlichkeit“ der Beiträge nachspüren.

Es ist als Kuriosität darauf hinzuweisen, dass der Untersuchungsführer des zweiten Disziplinarverfahrens, eines dabei förmlichen Verfahrens gegen den Verfasser, siehe dazu hier, welches das zuständige Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 16.02.2005 unter dem Aktenzeichen: 37 K 6522/04.BDG schließlich als rechtswidrig eingestellt hat, die Identität des Verfassers dieses anonymen Beitrags richtig vermutet und daraufhin diesen Beitrag zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat, obwohl nur die Einleitungsbehörde den Ermittlungsumfang bestimmt, d.h. der Untersuchungsführer hätte eine Entscheidung der Behörde einholen müssen. Auch der unrechtmäßig als Gutachter eingeschaltete Juraprofessor und Prozeßvertreter gegen die NPD im ersten erfolglosen Verbotsverfahren, das parallel lief, hat sich belobigt, da eine Aufdeckung vorgenommen zu haben. Aber dies war dann nur eine im Kontext des Gesamtverfahrens eher geringfügige zusätzliche Rechtswidrigkeit, deren verfassungsfeindliche Quelle verfassungswidrige Ideologiepolitik mittels öffentlich in Erscheinung tretende Inlandsgeheimdienste darstellt. Das Ausmaß der Rechtswidrigkeit dieses zweiten Verfahrens läßt sich den beiden erfolgreichen Verfassungsbeschwerde des Verfassers zur Erzwingung einer Anklage wegen Rechtsbeugung entnehmen, hier und hier.

Obwohl das vorliegend im Beitrag behandelte Vorermittlungsverfahren wegen dieser mehr angedeuteten Vorwürfe eingestellt worden ist, sind die dabei gemachten ideologie-politischen Vorwürfe (wie soll man diese sonst einstufen?) im Jahr 1999 / 2000 angesichts der erhöhten ideologie-politischen Sicherheitsanforderungen beim Dienst im Auswärtigen Amt mit einem Minister, der einst als Polizistenschläger und Beinahe-Terrorist in Erscheinung getreten war, einer Beschäftigung als Verkehrsreferent bei der deutschen EU-Vertretung in Brüssel entgegengestanden: die genannten Artikel bzw. der Veröffentlichungsort (genau weiß man dies nicht) stellten ein unüberwindliches Sicherheitsproblem dar: Ausübung der Meinungsfreiheit zur Äußerung oppositioneller Auffassung gefährdet danach die bundesdeutsche Staatssicherheit! Für diesen Posten, dem die intellektuelle Sicherheitslage entgegenstand, war der Verfasser als bester Bewerber im Bundesverkehrsministerium zur Abordnung ins Auswärtige Amt ausgewählt worden: soviel zur Maßgeblichkeit des beamtenrechtlichen Leistungsprinzips im ideologie-politischen Gefährdungsbereich! Damit ist auch schon ein weiterer im Buch behandelter ideologiepolitischer Diskriminierungsfall mitgeteilt.

Wie soll man angesichts dieser Situation das als Motto auch der politischen Biographie angeführte Bekenntnis des damaligen Bundespräsidenten Herzog bewerten? Bezieht sich dieses Bekenntnis, was „wir“, dann wirklich auf die Bundesrepublik Deutschland?

„Staatsbriefe 3 aus 1998“

Ein Gedanke zu “Freiheit unter Geheimdienstvorbehalt

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