Wo stehen Liberalismus und Demokratie?

Wo stehen Liberalismus und Demokratie zwischen links und rechts?

Josef Schüßlburner

(Stand: 21.11.2025) Die nachfolgend online gestellte Abhandlung geht auf einen Vortrag zurück, den der Verfasser auf der Konferenz der Zeitschrift eigentümlich frei am 20.11.2015 in Usedom gehalten hat. Damit wird auch die Verbindung des Verfassers mit der sich als „libertär“ einstufenden politischen Richtung deutlich, worauf der Verfasser auch in seiner jüngst erschienenen politischen Biographie eingeht, nämlich

Als Rechtsabweichler im Ministerium. Befragung zu besonderen Demokratieerlebnissen

Josef Schüßlburner und Bernd Kallina
Mit einem Vorwort von Bundesminister a.D. Prof. Dr. Rainer Ortleb
Klappenbroschur DIN A5
496 Seiten, 24,80 Euro
ISBN 978-3-87336-851-4
Veröffentlicht am 10.02.2025 beim Gerhard Hess Verlag

In dieser Biographie werden nämlich nicht nur die politisch motivierten illiberalen Diskriminierungsmaßnahmen beamtenrechtlicher Art entsprechend dem bundesdeutschen Demokratiesonderweg wegen Ausübung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung erläutert, sondern es wird auch auf die politischen Aktivitäten, insbesondere Vortrags- und Publikationstätigkeit eingegangen. Die Veröffentlichungen bei eigentümlich frei sind dabei hier ersichtlich.

Notwendigerweise werden dabei auch auf die grundlegenden politischen Ansichten des Verfassers dargelegt. Sein Verhältnis zum Liberalismus im weiteren Sinne kommt dabei in der vorliegenden Abhandlung zum Ausdruck.

Diese Abhandlung geht davon aus, daß der Liberalismus als solcher in Deutschland nur überleben kann, wenn er sich zumindest im Zweifel als politisch „rechts“ einstuft. Will nämlich der Liberalismus seinem Anliegen, die politische und wirtschaftliche Freiheit zu sichern, treu bleiben, wird ihm gar keine andere Möglichkeit bleiben als zu seinen national-liberalen Wurzeln zurückfinden, deren Nachwirken ja dazu geführt hat, daß die liberale Fraktion auch noch zur Zeit der Bundesrepublik auf der rechten Seite des Deutschen Bundestages und der Landtage plaziert wurde, was immer noch zutrifft, soweit es eine FDP-Fraktion, die sich als „die Liberalen“ verstehen, überhaupt noch gibt. Rechts davon ist dann die AfD-Fraktion angeordnet, die das Erbe des von der FPD weitgehend aufgegebenen Nationalliberalismus aufgreifen sollte. Dann wären, soweit es die FDP weiterhin in einer politisch relevanten Weise geben sollte (was zunehmend zweifelhafter wird), Linksliberalismus und Nationalliberalismus auf der rechten Seite des Parlaments nebeneinander plaziert; man könnte dann auch ersehen, ob der Liberalismus und dann welcher im Sinne des Demokratiesonderwegs BRD als „verfassungsfeindlich“ eingestuft werden müßte; s. dazu: FPD in den Verfassungsschutzbericht: Liberalextremismus als verfassungsfeindlicher Liberalismus statt Nationalliberalismus.

Verweigern sich die Anhänger des bundesdeutschen Liberalismus, insbesondere soweit sie als „FDP“ organisiert sind, weiterhin der Realität und stufen sich unter der Parole „Mitte“ politisch „links“ ein, indem sie etwa gestützt auf die Europa-Mythologie die Währungssozialisierung befürworten und der Weltprovinzialisierung Deutschlands den Weg bereiten, dann leisten sie einen zentralen Beitrag zur Selbstzerstörung der liberalen Gesellschaft, was dann (wieder) in einen linken Totalitarismus überführen wird. Der linke Totalitarismus war nämlich nicht auf eine Verneinung des liberalen Individualismus ausgerichtet, sondern auf dessen Übersteigerung ad absurdum, was automatisch zum Kollektivismus geführt hat und wieder führen wird. 

Diese Parteinahme des Liberalismus für die rechte politische Option zum Zwecke der Abwehr der Wiederkehr des linken Totalitarismus setzt die Erkenntnis der Gebotenheit der Links-Rechts-Dyade in einer modernen Demokratie als für diese kennzeichnend voraus. Diese Dyade ergibt sich aus dem Mehrheitsprinzip, also der Aufspaltung in eine parlamentarische Mehrheit und Minderheit, die traditionell jeweils als „recht“ und „links“ eingestuft wurden (der Begriff „Mitte“ ist insoweit ziemlich irrelevant). Dabei ist es nachvollziehbar, daß der Liberalismus ursprünglich, d.h. Ende des 18. Jahrhunderts (als wohl von Spanien ausgehend der Begriff „Liberalismus“ entstand) eine linke Position einzunehmen hatte, die aber seit Entstehung des Sozialismus aus dem Geiste des ursprünglich eher linken Liberalismus zur Durchsetzung des liberalen Anliegens nicht mehr geeignet ist.

Der zentrale politisch-weltanschauliche Gesichtspunkt dürfte bis auf weiteres sein, ob aus der Vorstellung der Menschenrechte als Konkretisierung der Freiheitsidee wirklich der Weltstaat und damit die Weltprovinzialisierung etwa der Bundesrepublik Deutschland folgt. Sollte dies bejaht werden müssen, wird sich der Liberalismus in der Tat links positionieren müssen. Die zutreffende Erkenntnis dürfte jedoch sein, daß das Anliegen des Liberalismus, also die Sicherung und Verwirklichung der Freiheit, den Staaten- und letztlich auch Völkerpluralismus erfordert. So wie der Liberalismus aus den Freiheit zum Ausdruck bringenden und diese konkretisierenden Grundrechten nicht die Folgerung ableiten kann, daß alle wirtschaftlichen Aktivitäten in einem Unternehmen zu organisieren wären, so kann entsprechend aus Menschenrechten nicht abgeleitet werden, daß es weltweit oder auch nur in Europa nur einen Staat geben dürfe.

Die konzeptionelle Besonderheit eines Staates gegenüber einer juristischen Person des Privatrechts liegt darin, daß er notwendigerweise ein Gebietsmonopol darstellt. Dieses Monopol hat sicherlich die immanente Tendenz sich auszuweiten mit der Folge, daß die Relevanz der für Freiheit stehenden Privatrechtsinstitutionen (Privateigentum, Vertragsfreiheit und dergleichen) etwa durch Steuerprogression und Staatsverschuldungspolitik zurückgedrängt werden, wofür der demokratische Mechanismus durchaus einen Anreiz schafft. Auch eine multikulturelle Gesellschaft wird sich innerhalb eines Staates nicht verwirklichen lassen, weil die notwendigen kulturellen und dabei durchaus mythologischen Integrationsmechanismen eines Staates auf eine kulturelle Vereinheitlichung abzielen müssen, die im zentralen Wahlspruch des klassischen Einwanderungslandes USA wie folgt zum Ausdruck kommt: E pluribus unum! Die Förderation (wie Staatenpluralismus in der klassischen liberalen Literatur des 19. Jahrhunderts lautet) ist daher „das einzige Mittel, um nicht nur die Herrschaft der Mehrheit, sondern auch die Macht der Volksgemeinschaft zu zügeln“ (so der große liberale und katholische Schriftsteller Lord Acton); dies geschieht dann in einer durchaus demokratiekonformen Weise durch den machtpolitischen Wettbewerb unabhängiger Nationalstaaten. Der Staatenpluralismus sichert daher in einer zentralen Weise die politische Freiheit. In vergleichbarer Weise kann zugunsten eines letztlich im Staatenpluralismus zu garantierenden Völkerpluralismus davon ausgegangen werden, daß der Mensch aufgrund seiner Knappheit an Zeit (Sterblichkeit) und sonstiger Unzulänglichkeiten nicht universeller Kulturvermittler sein kann, so daß unterschiedliche Kulturen erforderlich werden, die letztlich nur durch unabhängige Staaten zu garantieren sind, um den kulturellen Reichtum der Menschheit zu gewährleisten.

Dem Anliegen des Liberalismus wird am ehesten dadurch Rechnung getragen, wenn er sich zumindest „im Zweifel rechts“ einstuft. Um eine entsprechende Einordnung wird er dabei im Rahmen des demokratischen Mehrparteienprinzips nicht herumkommen, will man politische Entscheidungen herbeiführen und sich nicht von einer linken Pseudomoral überrennen lassen, der man dabei nur kluge Anmerkungen entgegensetzt, sie aber nicht durch politische Entscheidungen in Schranken weist und gegebenenfalls revidiert.   

Hinweis
Die Einladung zum Vortrag bei der Konferenz der Zeitschrift eigentümlich frei ging seinerzeit auf die Veröffentlichung des Kaplaken-Bandes zur Konsensdemokratie zurück, damals mit dem Untertitel „Die Kosten der politischen Mitte“.

Josef Schüßlburner
Konsensdemokratie. Die politische „Mitte“ als Demokratieproblem
Neuauflage 2024, Reihe kaplaken, Band 24, Verlag Edition Antaios (Gebundene Ausgabe), 8,50 Euro
ISBN: 9783935063944

In der jüngsten Neuauflage ist der Untertitel abgewandelt: Die politische „Mitte“ als Demokratieproblem.
In der Verlagsangabe heißt es hierzu: In einer Demokratie sind „links“ und „rechts“ die maßgeblichen Kategorien für die politische Entscheidungsfindung. Die neutrale „Mitte“ ist das agierende Volk selbst. Es bedarf keiner Partei, die sich anmaßt, „Mitte“ zu sein. Denn eine solche Konsens-Mitte braucht auch Feinde – und sucht sie sich im eigenen Volk, wie man an CDU-SPD-FDP leicht zeigen kann.

„Wo stehen Liberalismus und Demokratie zwischen links und rechts?“

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner