Verfassungsschutz (VS) – Demokratieschutz oder Demokratiebedrohung?
Josef Schüßlburner
(2.2.2021) Die von bundesdeutschen Machteliten geplante Einstufung der Hauptoppositionspartei im Deutschen Bundestag, der Alternative für Deutschland (AfD), als „Verdachtsfall“ der Demokratiefeindlichkeit durch den sog. „Verfassungsschutz“ wirft dringend die Frage auf, ob dieser „Verfassungsschutz“ wirklich einen Schutz der Demokratie herbeiführt oder nicht vielmehr als Demokratiebedrohung angesehen werden muß. Die zuletzt genannte Vermutung drängt sich schon deshalb auf, weil man bei Berichten der bundesdeutschen Berichterstattung über die geheimdienstliche Überwachung von politischen Parteien der Opposition spontan eher an das von BRD-Politikern kritisierte Rußland denkt und nicht an liberale Demokratien des Westens, zu denen die Bundesrepublik gezählt wird. Auch die von bundesdeutschen „Demokraten“ kritisierten Länder Ungarn oder Polen fallen da einem nicht unbedingt ein!
Auch wenn mit „Verfassungsschutz“ einem völlig legitimen staatlichen Zweck Rechnung getragen wird, so überwiegen beim bundesdeutschen Verfassungsschutz die Kritikpunkte, welche diesen Verfassungsschutz dann doch eher zu einer Demokratiebedrohung machen. Dieser „Verfassungsschutz“, der als weisungsgebundene Behörde eines Innenministeriums die Verfassung als Staatsorganisationsstatut, das aus der Natur der Sache vor allem von regierenden Politikern beeinträchtigt wird, gar nicht schützen kann, beruht auf einer Staatsschutzkonzeption, die eine Abkehr von der liberalen Demokratieschutzkonzeption darstellt. Die auf die Sicherung der politischen Freiheit ausgerichtete Staatsschutzkonzeption des Liberalismus will den unrechtmäßigen Erwerb der Regierungsmacht (Hochverrat) verhindern und ist daher auf die Verhinderung politisch motivierter Kriminalität ausgerichtet. Beim bundesdeutschen Verfassungsschutz ist dieser legitime Staatsschutz eher Nebenzweck. Hauptzweck ist die Bekämpfung einer staatlich als falsch angesehenen politischen Agenda von Oppositionsparteien. Dabei werden völlig legale Meinungsäußerungen und die legale parteipolitische Tätigkeit von Oppositionsparteien einer staatlichen Legitimitätsbewertung mit dem Ziel unterworfen, die Wirkung eines Parteiverbots, also die Ausschaltung einer politischen Partei ohne Rücksicht auf den Willen des freien Bürgers und Wählers, auch ohne Vorliegen der Verbotsvoraussetzungen durch ein Parteiverbotsersatzregime herbeizuführen. Bemerkenswerter Weise richtet sich dieser „Verfassungsschutz“ immer gegen sich legal verhaltende Oppositionsparteien und nicht gegen Regierungsparteien, obwohl vor allem diese die Verfassungsordnung gefährden.
Auf der Strecke bleiben bei diesem diskriminierenden Vorgehen Meinungspluralismus, Mehrparteienprinzip und Rechtsstaat. Rechtsstaat bedeutet die weltanschauliche Neutralität des Staates, die nicht mehr gewahrt ist, wenn staatlich angenommen wird, daß etwa die Kritik an der amtlichen Vergangenheitsbewältigung als „Geschichtsrevisionismus“ oder „Relativierung“ die Verfassung verletzen soll. Die amtliche Einstufung als „extremistisch“, ein Begriff, der in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht enthalten ist, geht dabei mit zahlreichen Diskriminierungsmaßnahmen einher, die gegen die behauptete Legalitätswirkung der Monopolisierung des Parteiverbotsverfahrens beim Bundesverfassungsgericht (sog. Parteienprivileg) gerichtet sind. Danach kann nämlich vor einem förmlichen Verbot niemand mit rechtlicher Wirkung die Verfassungswidrigkeit einer Partei behaupten!
Ausgangspunkt dieser Situation ist allerdings das besondere Parteiverbotskonzept, das dem Grundgesetz entnommen wird, welches in der Tat eine gegenüber der Weimarer Reichsverfassung als Vergleichsmaßstab verstärkte Einschränkung der Vereinigungsfreiheit enthält. Die Bundesrepublik Deutschland weicht (nicht nur) deshalb vom Standard einer normalen liberalen Demokratie des Westens ab.
Als politisches Ziel gilt es daher zu formulieren, in der Bundesrepublik Deutschland den Normalzustand einer liberalen Demokratie zu verwirklichen. Zu diesem Zweck gilt es rechtlich operable Kriterien des Staatsschutzes einzuführen und den ideologischen Staatsschutz abzuschaffen, der sich amtlich etwa gegen „Revisionismus“ und mangelnde Vergangenheitsbewältigung richtet.
Die nachfolgend online gestellte Power Point Präsentation ist bereits vor zwei Jahren erstellt worden als es noch lediglich um Ankündigungen geheimdienstlichen Vorgehens gegen die politische Opposition in der BRD ging. Seitdem hat sich die Situation der politischen Freiheit in der Bundesrepublik Deutschland nicht verbessert, sondern in einer damals schon absehbaren Weise verschlechtert. Dem gilt es durch die Forderung nach grundlegender Reform des Verfassungsschutzregimes entschieden entgegenzutreten! Es gilt, politische Freiheit für Oppositionsparteien in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern.
Hinweis
Die vorliegende PDF-Power-Point-Präsentation stellte eine Vorarbeit für die jüngste Veröffentlichung des Verfassers dar (siehe unten), in der als wesentlich für das Überleben der AfD angesehen wird, ein alternatives Verfassungsschutzkonzept zu erarbeiten, anhand dessen dann rechtspolitisch auch zu erwartende negative Gerichtsurteile als Anlaß eines gesetzlichen, ja verfassungsgesetzlichen Änderungsbedarfs, beurteilt werden können.
Josef Schüßlburner
Scheitert die AfD? Die Illusion der Freiheitlichkeit und die politische Alternative
Studie 39 des IfS, Verein für Staatspolitik e. V., 2020, Broschur, 239 Seiten, 7 Euro
Erhältlich beim Verlag Antaios