Parteiverbotskritik Teil 23

Parteiverbotskritik Teil 23: Liberale „Demokraten“ mit Parteiverbot und Militärdiktatur gegen „Populisten“: Mitte-Herrschaft im Königreich Thailand

Josef Schüßlburner

Die Demokratische Partei des Königreichs Thailand, Mitglied der Liberalen Internationale und damit Schwesterpartei der deutschen FDP, trägt die politische Hauptverantwortung für den 12. Militärputsch nach Abschaffung der absoluten Monarchie im Jahre 1932 in diesem asiatischen Land. Mit Hilfe der mit dieser Partei verbündeten „Gelbhemden“ haben die Demokraten insbesondere mit der Obstruktion der Wahlen 2014 auf den Putsch als eine alternative Option hingearbeitet. Diese „Demokraten“ wollen nicht akzeptieren, daß von „Rothemden“ unterstützte „Populisten“ Wahlen gewinnen. Die „Demokraten“ setzen dabei mit Parteiverbot, Wahlboykott, Verfassungsgericht und Militär eine demokratische Ordnung aufs Spiel, die mit der Reformverfassung von 1997 mit Anlehnung an die bundesdeutsche Rechtslage (Wahlrecht, Verfassungsgerichtsbarkeit, Parteiverbotsrecht) endgültig etabliert schien, auf deren Grundlage sich dann auch ein funktionierender Links-Rechts-Antagonismus eingestellt hatte, welcher für die Etablierung einer normalen Demokratie steht.

Zum erneuten Militärputsch zur Verbesserung der Demokratie durch Etablierung von Mitte-Werten ist es gekommen, weil Parteiverbote und teilweise groteske Interventionen der Verfassungsgerichtsbarkeit nicht ausgereicht haben, den „Links-Rechts-Antagonismus“ zugunsten der „Demokraten“ bleibend außer Kraft zu setzen. Schon die Parteiverbote gegen Mehrheitsparteien waren ohnehin nur mit der impliziten Drohung mit Militärputsch durchzusetzen, weil sonst eine Mehrheitspartei jederzeit die Möglichkeit hätte, ein gegen ein Verbotsurteil gerichtetes Gesetz zu erlassen, während die Putschdrohung die Mehrheitspartei zwingt, ein verfassungsgerichtliches Verbotsurteil zu akzeptieren. Letztlich kann aber ein Parteiverbot gegen eine Mehrheitspartei nur im Wege eines Staatsstreichs durchgesetzt werden, was die Wesensverwandtschaft von Parteiverbot und (Militär-)Diktatur deutlich macht.

Die allgemeine Verpflichtung der Thailänder auf Freiheit und Demokratie hatte aber immerhin immer wieder dafür gesorgt, daß sowohl Parteiverbot als auch Militärdiktatur befristete Maßnahmen darstellen. Die Parteiverbote konnten durch Bildung von Nachfolgeorganisationen jeweils abgeschwächt werden und es wurden auch keine Wahlverbote ausgesprochen und Parlamentsmandate nicht generell aberkannt. Verglichen damit kann ein Parteiverbot der bundesdeutschen Provenienz mit dem Ziel der „ewigen“ Ausschaltung einer gesamten politischen Strömung den demokratischen Prozeß nachhaltiger beeinträchtigen als zahlreiche Verbote im Königreich Thailand, die durch Neugründungen revidiert werden können.

Diesmal will man aber dem „Populismus“ in Thailand weitergehende Hindernisse in den Weg legen, indem die Mitte verfassungsrechtlich gestärkt werden soll, die in Thailand auf die Grundnorm eines „demokratischen Regimes mit dem König als Staatsoberhaupt“ ausgerichtet ist.

Der Beitrag stellt die jüngste Entwicklung der Demokratie im Königreich Thailand dar, insbesondere wird aufgezeigt, wie liberale „Demokraten“ gegen „Populisten“ mit Parteiverbot und Militärdiktatur vorgehen. Ins Zentrum der Betrachtung wird dann die Frage zu beantworten versucht, ob die ideologie-politische Aufwertung der (buddhistischen) Monarchie als „Mitte“ geeignet sein könnte, den für die Wirksamkeit von Demokratie stehende Legitimität des Links-Rechts-Antagonismus zu modifizieren oder gar außer Kraft zu setzen. Die Aussetzung und beabsichtigte Verdrängung des Links-Rechts-Antagonismus hat dabei einen fundamentalen Preis: Rechtsnormen werden durch extrakonstitutionelle Werte verdrängt.

Mit der gewaltsamen Aussetzung des Links-Rechts-Antagonismus, also der Demokratie durch Parteiverbot und sonstige Verfassungsgerichtsinterventionen sowie Militärputsch soll letztlich in Thailand etwas ähnliches verhindert werden, wie auch in der Parteiverbotsdemokratie Bundesrepublik Deutschland, nämlich das Aufkommen einer Verfassungshäresie auf demokratischem Weg. Während allerdings in der Bundesrepublik Deutschland diese Häresie von „rechts“ erwartete wird, gehen die etablierten politischen Kräfte Thailands überzeugender Weise davon aus, daß diese Häresie von „links“ droht: Aus dem untergründig vorhandenen heterodoxen (buddhistischen) Messianismus könnte hervorgehen, was dessen Anhänger positiv mit „Phu-mi-Bun“ beschreiben, nämlich ein politischer Messias wie er im Nachbarland Kambodscha als Pol Pot in Erscheinung getreten war.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob durch Parteiverbot und Militärherrschaft, was man durch die Stärkung der monarchischen Mitte absichern will, nicht eher das herbeigeführt werden wird, was eigentlich abgewehrt werden soll. Auch das Parteiverbot des deutschen „Obrigkeitsstaates“ hat letztlich beim Sozialismus, welcher abgewehrt werden sollte, die Kräfte bestärkt, die dann im 20. Jahrhundert verwirklichen konnten, was durch den „Obrigkeitsstaat“ als Reaktion auf den demokratischen Freiheits-terreur der Französischen Revolution abgewehrt werden sollte. Dabei war das Parteiverbot des „Obrigkeitsstaates“ (wie auch das des Königreichs Thailand) formal milder als die bisherig praktizierte bundesdeutsche Verbotskonzeption, da das Verbot von vornherein befristet ausgesprochen worden ist und sich nicht gegen den Parlamentarismus gerichtet hat, d.h. es gab keine Aberkennung der Parlamentsmandate und kein gegen das gesamte Wahlvolk gerichtete Wahlverbot!

Ohne Akzeptanz des Links-Rechts-Antagonismus, was nur mit einer maßvollen Stellung der Mitte vereinbar ist, was auch die Monarchie darstellen kann, und ein Parteiverbot nur bei rechtsstaatlich nachvollziehbaren Voraussetzungen erlauben sollte, kann daher dem Königreich Thailand keine besonders gute Prognose gemacht werden. Dabei ist der für eine funktionierende Demokratie stehende Links-Rechts-Antagonismus im Königreich Thailand eigentlich auf eine gute Grundlage gestellt, seitdem die Reformen des buddhistischen Mönchsorden durch König Rama IV. dazu geführt haben, daß neben der etablierten Mehrheitsrichtung eine reformierte Minderheitsrichtung als legitim etabliert worden ist.

Hinweis
Die vorliegende Abhandlung stellt eine Ergänzung zu den zwei derzeit erhältlichen Veröffentlichungen des Verfassers dar:

Josef Schüßlburner
Konsensdemokratie. Die Kosten der politischen Mitte
2010, Verlag Edition Antaios (Gebundene Ausgabe), 8,50 Euro
ISBN: 978-3-935063-94-4, erhältlich auch hier

Josef Schüßlburner
Roter, Brauner und Grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus,
2008, Lichtschlag Medien und Werbung KG, 24,80 Euro
ISBN-10: 3939562254, ISBN-13: 978-3939562252
Dieses Buch ist im März 2015 in unveränderter 3. Auflage wieder erschienen und nunmehr auch in einer Kindle-Edition für 6,99 Euro erhältlich. Erhältlich auch hier

Das Buch von Josef Schüßlburner, Konsensdemokratie: Die Kosten der politischen Mitte, betont die Notwendigkeit der Anerkennung des friedlich ausgetragenen Rechts-Links-Antagonismus für das Funktionieren einer als frei anzusehende Demokratie, was eine sehr verminderte Stellung von Mitte-Werten erfordert, weil sich in einer funktionierenden Demokratie das politische Gleichgewicht aus sich heraus ergeben muß, was allerdings eine rechtsstaatliche Parteiverbotskonzeption voraussetzt.

Das Buch von Josef Schüßlburner, Roter, brauner und grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus befaßt sich mit den Erscheinungsformen linker politischer Ideologie, also das, was liberale „Demokraten“ in Thailand mit demokratieuntauglichen Verbotsinstrumenten abzuwehren versuchen.

“Parteiverbotskritik Teil 23”

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner