Parteiverbotskritik Teil 24

Parteiverbotskritik Teil 24: Nachwirken der DDR-Diktatur beim bundesdeutschen „Kampf gegen Rechts“: Vom Verbot der „Republikaner“ in der Wende-DDR zu Verbotsforderungen gegen die Oppositionspartei AfD

Josef Schülburner

(Stand: 27.01.2024) Die derzeit massiv erhobenen Verbotsforderungen gegen die Oppositionspartei Alternative für Deutschland (AfD) werden von Vertretern von Parteien ausgedrückt, die einst die Diktatur der „Deutschen Demokratischen Republik“ verwaltet haben: Von der „Linken“ mit der damaligen Bezeichnung SED angefangen, in welche der Grotewohl-Flügel der SPD eingegangen war, über die Blockpartei CDU aufgrund ihres christlichen Sozialismus bis zu der als Liberaldemokraten in Erscheinung getretenen FDP.

Schon deshalb ist es naheliegend, als Beginn der Entwicklung, die zu den formal erfolglosen Verbotsanträgen gegen die NPD aus Gründen einer ideologischen „Wesensverwandtschaft“ geführt hatten und nunmehr im Form extremistischer Verbotsforderungen gegen die Oppositionspartei Alternative für Deutschland (AfD) wegen hoher Umfragewerte unter dem Vorwand von Menschenwürdeverwirklichung etwa durch den CDU-Extremisten Marco Wanderwitz zum Ausdruck kommen, den Beschluß der DDR-Volkskammer zur Wendezeit am 5. Februar 1990 festzumachen. Durch diesen Beschluss wurde die damals in der Bundesrepublik maßgebliche Rechtspartei „Die Republikaner“ auf der Grundlage der Ulbrich – / Honecker-Verfassung von 1968 / 74 aus ideologischen Gründen verboten. Dieses Verbot, bei dem sich die „kämpferische Demokratie“ des deutschen Kommunismus letztmalig formal zum Ausdruck bringen konnte, stellt das bislang letzte förmliche Parteiverbot in Deutschland dar. Dieses Verbot verdient deshalb betrachtet zu werden, weil damit auch aufgezeigt werden kann, daß durchaus noch mehr Parteiverbote als die beiden förmlich vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochenen für die bundesdeutsche Demokratiementalität und damit für den Demokratiesonderweg BRD von prägender Bedeutung sind. Diese Mentalität erklärt, daß sog. „Demokraten“ zur (Vermeidung der) Lösung wirklicher politischer Probleme vor allem Verbotsforderungen gegen politische Konkurrenz einfällt. Ein gefährlicher bundesdeutscher Demokratie-Sonderweg!

Die „Republikaner“ durften aufgrund des linksextremen Parteiverbots, das seinerzeit bei bundesdeutschen „Demokraten“ kaum auf Kritik stieß (sondern von diesen eher begrüßt, wenn nicht gar angestoßen wurde), dann nicht an den ersten als „frei“ bezeichneten Volkskammerwahlen und den anschließenden DDR-Kommunalwahlen teilnehmen; erst bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen (und den vorgeschalteten Landtagswahlen) konnten sie erstmal bezogen auf die „neuen Bundesländer“ teilnehmen, die dann erst den Charakter als „frei“ verdienen, wenngleich die organisatorische Unzulänglichkeit aus der Verbotsperiode sich sicherlich beeinträchtigend auf die Chancengleichheit ausgewirkt hat.

Mit diesem Verbot der „Republikaner“ kontrastiert, daß gleichzeitig die für die Links-Diktatur DDR verantwortlichen Parteien, wie etwa die Blockpartei CDU, die auch für das volksdemokratische Republikaner-Verbot verantwortlich zeichnen, fortbestehen und anschließend als bundesdeutsche Formationen vom Geist des Republikaner-Verbots gezeichnete Parteiverbotsanträge stellen durften und über Parteiverbotsforderungen nunmehr 30% der gesamtdeutschen Wähler um ihr effektives Wahlrecht bringen wollen. Die Verknüpfung zwischen dem gegen die „Republikaner“ ausgesprochenen Parteiverbot der DDR-Demokratie und den nachfolgenden Verbotsanträgen und antioppositionellen Verbotsdrohungen besteht im „Kampf gegen Rechts“, der in einer gesamtdeutschen Weise mit dem volksdemokratischen Volkskammerbeschluß einsetzte und auch schon zur Marginalisierung der Deutschen Sozialen Union (DSU) als christdemokratischer Formation jenseits der Blockparteienexistenz der „DDR“ geführt hat. Daß anschließend kein bundesdeutsches Verbotsverfahren gegen die „Republikaner“ durchgeführt wurde, sondern gegen die NPD, ist darauf zurückzuführen, daß erstere aufgrund der massiven Anwendung des Parteiverbotsersatzsystems als „verdecktes Parteiverbot“ ab 1992 hinreichend marginalisiert wurden, so daß ein Verbot völlig überflüssig wäre, wenngleich der beim ersten NPD-Verbotsantrag maßgebliche Verbotspolitiker Beckstein (CSU) als Nachwirkung des intoleranten politischen Katholizismus (der sich etwa mit der christlichsozialen Dollfuß-Diktatur zum Ausdruck gebracht hatte) nach einem erfolgreichen Verfahren, dem nach Ansicht der Sperrminorität des Verfassungsgerichts die (für eine liberale Demokratie des Westens typische?) Geheimdienstunterwanderung der zu verbietenden Partei entgegenstand, auch Verbotsanträge gegen die „Republikaner“ und weitere Formationen einleiten wollte, d.h. ein Verbotsverfahren gegen eine sog. Rechtspartei bezweckt von vornherein bewußt einen Kollateralschaden am Mehrparteiensystem, so daß es auch völlig egal ist, gegen welche dieser Parteien dann ein Verbotsverfahren eröffnet wird. Nach Ansicht des seinerzeit maßgeblichen Verbotsextremisten Glogowski (SPD), sicherlich ein Menschenwürdeexperte, liefe der Versuch, die Unterschiede zwischen den „rechtsextremistischen Organisationen“ (was immer dies sein soll) feststellen zu wollen, darauf hinaus, „Scheiße nach Geruch zu sortieren.“ Damit ist ausgesagt, daß es nach Ansicht bundesdeutscher „Demokraten“ auf die konkrete Scheiße wirklich nicht ankommen kann, sondern unerwünschte Opposition von rechts als solche Scheiße ist. Was dann selbstverständlich keine vom „Verfassungsschutz“ zu beobachtende Demokratieverachtung bei Propagierung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit darstellt.

Die politische Linke versucht mit dem „Kampf gegen rechts“ einen wesentlichen Daseinszweck der von ihr zu verantwortenden DDR-Diktatur zu retten, nämlich den Erfolg, die Wiederkehr des „Faschismus“ bei einem wohl rassenbedingt als faschismusanfällig angesehenen Volk mit Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl gegen rechts verhindert zu haben (wofür etwa der 17. Juni steht). Dieser „Erfolg“ sollte mit der ihr an sich unerwünschten Wiedervereinigung in die „Bundesrepublik“ „eingebracht“ werden. Dabei haben auch die durch den Ost-West-Konflikt getrennten Traditionsstränge, die auf die Besatzungszeit zurückgehen, wieder zusammengefunden: Es sollte nicht verkannt werden, daß die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), auch wenn sie gewissermaßen – zumindest ideologie-politisch gesehen – regelwidrig (und deshalb mit erheblichen Vorbehalten) vom Bundesverfassungsgericht verboten werden sollte, maßgeblich der besonderen bundesdeutschen Parteiverbotskonzeption vorgearbeitet hatte und deshalb gegenüber dem Grundgesetz immer eine positive Einstellung zeigte. Sowohl die DDR-Diktatur als auch die besondere bundesdeutsche Demokratiekonzeption haben einen gemeinsamen Ausgangspunkt: Die Ausschaltung des rechten politischen Spektrums und damit des eine normale Demokratie kennzeichnenden Links-Rechts-Antagonismus, durch eine Links-Diktatur (DDR) einerseits und eine mit Verboten einhergehenden Mitte-Ausrichtung (BRD) andererseits (wenngleich der Ost-West-Konflikt der westdeutschen „Mitte“ erlaubte, den Antifaschismus als Antitotalitarismus vorübergehend auch gegen links zu richten).

Die Tatsache, daß sich die maßgebliche Diktaturpartei der DDR, die aus der KPD und dem Grotewohl-Flügel der SPD hervorgegangene SED, sich nunmehr als „Die Linke“ bezeichnet, zeigt auf, daß diese rechtlich mit der DDR-Diktatur-Partei identische bundesdeutsche Partei vom Rechts-(Mitte)-Links-Schema der politischen Lager ausgeht. Wenn sie gleichzeitig ihren wesentlichen Daseinszweck im „Kampf gegen Rechts“ sieht, den sie durch ideologische Verbote und Grundrechtsverhinderungsaktivitäten umsetzen will, dann macht sie dabei auch deutlich, daß sie möglicherweise nicht bewußt, aber der Logik des Links-Rechts-Antagonismus bzw. seiner Abschaffung folgend, eine „DDR-light“ anstrebt. Mit Hilfe der dieser „Linken“ zunehmend zugeneigten (linken) Mitte wird dies zu einer bundesdeutschen Realverfassung führen, die sich eher mit dem Kategorien der antifaschistischen DDR-Verfassung von 1949 beschreiben läßt, einer sehr klug konzipierten linken Version des zuvor verkündeten Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Schon jetzt läßt sich deshalb „zuviel DDR in Deutschland“ (Westerwelle) erkennen. 

Der Entwicklung zu einer DDR-light und damit zu einer exklusiven Verbotsdemokratie als Erscheinungsform einer defekten Demokratie kann verhindert werden durch die Erkenntnis, daß mit dem Schutzgut des (möglichen) Parteiverbots, nämlich der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ eine Abgrenzung zur linksgerichteten DDR-Demokratie vorgenommen werden sollte: Ein Parteiverbot, sollte Artikel 21 (2) GG überhaupt eines solches enthalten, kann dann nur die Wirkung haben, den eine freie Demokratie darstellenden Links-Rechts-Antagonismus zu schützen und damit kann ein Parteiverbot nicht gegen das Mehrparteienprinzip und den Meinungspluralismus gerichtet sein. Ein amtlicher Kampf gegen rechts ist deshalb verfassungswidrig. Diese rechtliche Erkenntnis führt zwingend zu einer notstandsrechtlichen Betrachtung des Parteiverbots, welche Artikel 21 (2) GG in den Kontext der anderen Grundgesetzvorschriften stellt, die als Nachfolgevorschriften von Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung (befristete Diktaturgewalt des Reichspräsidenten) angesehen werden können, nämlich die Artikel 91, 87a, 87 (1) 73 Nr. 10 des Grundgesetzes: Dann ergibt sich, daß ein Parteiverbot nur bei Vorliegen einer realen Notstandsgefahr mit befristeter Wirkung ausgesprochen werden kann. Mit dieser notstandsrechtlichen Verbotskonzeption würde, falls vom Bundesverfassungsgericht vielleicht doch noch einmal als zutreffend erkannt, allerdings auch das gesamte Verbotsersatzsystem abgeschafft werden müssen, welches zugunsten der etablierten Parteien die allgemeine politische Freiheit in der Bundesrepublik Deutschland massiv bedroht. Verfassungsschutzberichte mit negativen Wahlempfehlungen aus ideologie-politischen Gründen wird es dann nicht mehr geben dürfen. Disziplinarverfahren im öffentlichen Dienst wegen falscher Parteizugehörigkeit oder gar nur wegen unpassender Ansichten sind dann rechtswidrig. Bei einer derartigen Verbotskonzeption würde das „zuviel DDR“ (Westerwelle), das in Deutschland festzustellen ist, endgültig überwunden werden und die „Weiterentwicklung der Demokratie“ (KP-Formel zur Vereinigungsfreiheit) über den „Kampf gegen Rechts“ (Antifaschismus) zu einer Volksdemokratie (DDR-light) wäre dann abgewendet. Das Verbot der Republikaner in der Wende-DDR mit dem beabsichtigen Kollateralschaden am politischen Pluralismus würde dann endgültig und nachdrücklich zurückgenommen. Kann dies erwartet werden? Die derzeitige „Verbotsdiskussion“ gegen politische Opposition läßt das Gegenteil befürchten: Es droht der Weg in die „Volksdemokratie BRD“!

Hinweis
Die vorliegende Abhandlung stellt eine Ergänzung zum Gutachten des Verfassers zum Fall der SWG dar mit dem Titel: Gedankenpolizeilicher Verfassungsschutzextremismus in Hamburg.

Hierbei wird aufgezeigt, daß aufgrund der Verfassungsschutzkonzeption eine „Weiterentwicklung“ der wehrhaften Demokratie der Bundesrepublik zu einer „DDR-light“ bevorstehen dürfte. Vorliegend wird ergänzend zum Ausdruck gebracht, daß die Radikalisierung der bundesdeutschen „Wehrhaftigkeit“ einen wesentlichen Ausgangspunkt mit der „kämpferischen Demokratie“ der DDR-Diktatur aufweist. Dafür steht das volksdemokratische Verbot der Rechtspartei Die Republikaner, eine Entwicklung, die sich nun in wanderwitzigen Parteiverbotsdrohungen gegen politische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzt.  

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