Parteiverbotskritik Teil 15

Parteiverbotskritik Teil 15: Parteiverbotskonzept und die mangelnde Souveränität der Bundesrepublik Deutschland

Josef Schülburner

Der vorliegende Beitrag behandelt die Frage, ob der weithin gefühlte Mangel der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland mit der Zusicherung der deutschen Außenminister im Kontext des 2+4-Vertrags an die Siegermächte im Zusammenhang steht, ein Parteiverbotssystem aufrechtzuerhalten, damit insbesondere Parteien mit „nationalsozialistischen Zielsetzungen“ verboten werden können. Mit dieser völkerrechtlichen Zusicherung der Aufrechterhaltung von nationalen Verfassungsvorschriften wird letztlich die aus der Besatzungszeit resultierende Situation fortgeschrieben, die das Grundgesetz zu einer Art „Gemeindeordnung höchster Stufe“ (Jahrreis) machte, wenn auch mit der „Tendenz, Verfassung eines Staates zu werden“. Diese Tendenz zur äußeren Souveränität kann sich jedoch nicht durchsetzen, wenn sich – was Ausdruck der Volkssouveränität in einer Parteiendemokratie ist – neue politische Gruppierungen außerhalb der einst von den Alliierten lizenzierten Parteien nicht etablieren können, weil ihnen irgendwie die verbotenen „Zielsetzungen“ unterstellt werden und sie dann dem Ersatzverbot eines permanenten ideologischen Notstands unterworfen werden, das auf einer ideologie-politischen Parteiverbotskonzeption gründet, welche das präventive Lizenzierungssystem der Alliierten repressiv fortschreibt.

Der Mangel an außenpolitischer Souveränität führt dann zu einem von internationalen (Einbindungs-)Interessen bestimmten Auslegung grundlegender deutscher Rechtsvorschriften und erklärt die „gegen rechts“ gerichtete Verbotskonzeption, die dem Wortlaut des Grundgesetzes gar nicht zu entnehmen ist, wo etwa das Wort „Parteiverbot“ gar nicht vorkommt und eigentlich gemäß Artikel 3 Abs. 3 GG garantiert ist, daß man auch eine rechte politische Meinung zum Ausdruck bringen darf, ohne staatlichen Diskriminierungen ausgesetzt werden zu können. Mit dem KPD-Verbotsverfahren hat die Regierung Adenauer zwar versucht, den alliierten Antifaschismus als Antitotalitarismus auch gegen links zu wenden, was aber die Alliierten in West-Berlin nicht als SEW-Verbot nachvollzogen, sondern als Art NPD-Verbot (Versammlungs- und Wahlteilnahmeverbot durch explizite Besatzungsbefehle) praktiziert haben, womit sie deutlich machten, wie deutsche Verbotsvorschriften im internationalen Machtinteresse verstanden werden müssen.

Diese ideologie-politisch ausgerichtete Parteiverbotskonzeption mit intendiertem Kollateralschaden am politischen Pluralismus der Deutschen verleugnet dabei entsprechend den alliierten Anliegen die deutsche Verfassungstradition, nach der ein derartiges Verbot (wie etwa das Sozialistengesetz) nur zeitlich befristet ausgesprochen werden kann und auf die Wahlfreiheit des Volks keine Auswirkungen haben soll. Ein mit Demokratie vereinbare Verbotskonzeption würde sicherlich in Deutschland zu einem ähnlichen Parteiensystem wie in der Schweiz oder Österreich führen und Testfall der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland wäre dann, ob eine Regierungsbildung mit einer euro-kritischen Partei aufgrund demokratischen Wahlausgangs sogenannte „Österreichsanktionen“ zur Folge hätte. Diese Konsequenz als Folge einer entsprechenden demokratischen Regierungsbildung kann wohl (letztlich aufgrund des 2+4-Vertrags) nicht ausgeschlossen werden.

Das Grundgesetz „für die Bundesrepublik Deutschland“ wird erst dann zu einer Verfassung eines souveränen Staates erstarken, wenn die Volkssouveränität dadurch gesichert wird, daß die Artikel 9 (2) und 21 (2) GG so ausgelegt werden wie dies in § 78 der Verfassung des Königreichs Dänemark ausdrücklich formuliert ist: „Vereine (unter Einschluß von politischen Parteien, Anm.), die sich unter Anwendung von Gewalt betätigen oder ihre Ziele durch Gewaltanwendung, Anstiftung zu Gewaltanwendung oder ähnliche strafbare Beeinflussung Andersdenkender zu erreichen suchen, werden durch Gerichtsurteil aufgelöst.“ Bei diesem Verständnis einer Verbotsvorschrift, welche auf rechtswidrige Handlungen abzielt und nicht eine politisch-weltanschauliche Strömung ausschalten will, wäre der politische Pluralismus in Deutschland gesichert, auch wenn sich der politische Pluralismus der Deutschen gegen internationale Interessen richten würde.

Anmerkung:

Die vorliegende Abhandlung stellt eine Ergänzung zu den zwei derzeit erhältlichen Veröffentlichungen des Verfassers dar:

Josef Schüßlburner
Konsensdemokratie. Die Kosten der politischen Mitte
2010, Verlag Edition Antaios (Gebundene Ausgabe), 8,50 Euro
ISBN: 978-3-935063-94-4, erhältlich auch hier

Josef Schüßlburner
Roter, Brauner und Grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus,
2008, Lichtschlag Medien und Werbung KG, 24,80 Euro
ISBN-10: 3939562254, ISBN-13: 978-3939562252
Dieses Buch ist im März 2015 in unveränderter 3. Auflage wieder erschienen und nunmehr auch in einer Kindle-Edition für 6,99 Euro erhältlich. Erhältlich auch hier

Das Buch von Josef Schüßlburner, Konsensdemokratie: Die Kosten der politischen Mitte, betont die Notwendigkeit der Anerkennung der Legitimität einer politisch rechten Position. Erst wenn die Chancengleichheit für eine rechte politische Richtung gewährleistet ist, kann von der unverbrüchlichen Verwirklichung der Demokratie in Deutschland gesprochen werden; dies ist jedoch nur dann möglich, wenn etwa einer europakritischen Partei nicht mehr die Unterwerfung unter ein ideologie-politisches Ersatzverbotssystem droht, das seine Grundlage in einer Parteiverbotskonzeption findet, welche das alliierte präventive Lizenzierungssystem repressiv fortschreibt.

Das Buch von Josef Schüßlburner, Roter, brauner und grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus. 2013, 350 S. gr. ISBN 3-944064-09-7. Arnshaugk. Kt., das in einer unveränderten Neuauflage für 19.90 € wieder erhältlich ist, legt dar, daß unter verbotenen „nationalsozialistischen Zielsetzungen“ etwas ganz anderes verstanden werden kann (oder gar verstanden werden muß), als das, was das bundesdeutsche Ersatzverbotssystem und der 2+4-Vertrag dafür hält: Der NS war eben nicht nur nationalistisch, sondern auch – ideengeschichtlich bewertet – legitimer Weise sozialistisch, wobei das, was dem historischen NS völlig zu recht als verbrecherisch vorgeworfen werden muß, sich aus der sozialistischen Traditionslinie ableitet, die bekanntlich anderweitig dazu geführt hat, daß die größten staatlichen Megatötungen der Menschheitsgeschichte „unter Regierungen, die sich dem Marxismus bzw. dem wissenschaftlichen Sozialismus verpflichten fühlten“ vollzogen wurden (Gunnar Heinsohn). Diese Situation findet sich bei der ideologischen Gefahrenabwehr des bundesdeutschen Verbotssystems nicht gespiegelt, was sich wohl aufgrund des Fortwirkens des Teufelspaktes der westlichen Demokratien mit der Sowjetdemokratie erklärt.

Als Ergänzung zum Beitrag wird das Buch von Andreas Thierry (Hg.), Politische Verfolgung in Österreich: Entstehung und Anwendung des sogenannten „NS-Verbotsgesetzes“, 2010, empfohlen:

In der Republik Österreich ist nämlich förmlich im sog. NS-Verbotsgesetz festgeschrieben, was sich in der Bundesrepublik Deutschland nur in der Zusicherung im Rahmen des 2+4-Vertrags findet. Dieses Verbotsgesetz wird dazu benutzt, im Wege der sog. Grauzonenrechtssprechung deutsch-nationale Strömungen zu unterdrücken. Immerhin haben die Gewährleistungen der der Weimarer Reichsverfassung verwandten Österreichischen Verfassung von 1920 / 29 (welche in Österreich anders als vergleichbar in der Bundesrepublik Deutschland wieder in Kraft gesetzt werden konnte) dafür gesorgt, daß sich eine national-liberale FPÖ etablieren konnte, welche in der Bundesrepublik Deutschland sicherlich dem ideologie-politischen Ersatzverbotssystem unterworfen wäre. Dies erklärt die letztlich gegen die Deutschen gerichteten sog. „Österreichsanktionen“, die das internationale Herrschaftsinteresse an der Beschränkung des innerstaatlichen Pluralismus bei den Deutschen belegen. Volkssouveränität, d.h. unbeschränkter Parteienpluralismus, hat dementsprechend zwingend die internationale Souveränität des Staates zur Voraussetzung, in dem Demokratie ausgeübt werden soll.

“Parteiverbotskritik Teil 15”

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