Teil 17: Begünstigung der politischen Linken durch die bundesdeutsche
Verfassungsschutzkonzeption – Gründe und verfassungsrechtliche Alternative
Josef Schülburner
(15.10.2024) Das Parteiverbotssurrogat, welches auf die besondere Parteiverbotskonzeption des Demokratie-Sonderwegs BRD zurückgeht, die wegen der Ziehung einer Wertegrenze, also einer Ideologiegrenze zur Bestimmung des „Verfassungsfeindes“ im ziemlichen Gegensatz zu liberalen Demokratien des Westens steht, richtet sich mit politischer Wirkung nur noch „gegen rechts“. Das jüngst vom amtierenden SPD-Extremismus ausgesprochene Compact-Verbot stellt dafür einen neuen Beleg dar (sollte dieser überhaupt noch notwendig sein). Es wird zwar zum Anschein einer „Mitte“, woran insbesondere der wanderwitzigen Christdemokratie einkommensmachiavellistisch und ideologie-politisch gelegen ist, in den ominösen Verfassungsschutzberichten noch ein Kapitel „Linksextremismus“ gepflegt, doch dieser hat parteipolitisch keine Bedeutung, zumal die Fälle, die dabei aufgeführt sind, in der Regel wegen des dabei festzustellenden Gewaltbezugs eher dem Normalstandards einer amtlichen Bewertung als staatsfeindlich bei einer „liberalen Demokratie des Westens“ entsprechen. Dies ist bei der bundesdeutschen Nachzensur gegen „rechtes Gedankengut“ von vornherein nicht der Fall; hier liegt der die politische Freiheit gefährdende Demokratie-Sonderweg BRD pur vor.
Der Beitrag versucht die Gründe für die zunehmend in einen staatlichen Extremismus führende Linksgerichtetheit der besonderen bundesdeutschen Demokratieschutzkonzeption zu erklären. Die dabei implizierte Privilegierung von links ist dabei allerdings durch die Verfassungsschutzkonzeption von vorherein so angelegt, da politische Unterdrückung unter Bezugnahme auf „Demokratie“ zur Herbeiführung einer demokratischen Einheitsmeinung kennzeichnend für die politische Linke ist.
Die Ausführungen des Beitrages lassen sich zusammenfassend in folgenden Thesen wiedergeben:
- Sofern mit dem gelegentlich von CDU-Politikern noch eingeforderten „antitotalitären Konsens“ gemeint ist, daß gegen „Verfassungsfeinde von rechts und links“ gleichermaßen vorgegangen wird, hat es diesen „Konsens“ in der Bundesrepublik Deutschland nie wirklich gegeben: Bundesdeutscher „Antitotalitarismus“ ist abgeleiteter und – ausnahmsweise – „auch gegen links“ angewandter „Antifaschismus“, wobei diese Erstreckung nur bei bestimmten, insbesondere außenpolitischen bzw. einbindungspolitischen Konstellationen durchsetzbar ist, so daß der auf die Besatzungsherrschaft zurückgehende Antifaschismus, also die hetzerische / haßgeladene Unterdrückung der politischen Rechten (von Konservativen und Nationalliberalen als „Nazis“) seit Besatzungszeiten strukturell vorgegeben und jederzeit abrufbar ist.
- Selbst zur Zeit von Bundeskanzler Adenauer und des damals durchaus populären Antikommunismus zeigte sich: „Gegen rechts“, d.h. (konkret) mit der „rechten“ SRP ist „kurzer Prozeß“ gemacht worden, das KPD-Verbot „gegen links“ konnte nur verzögert und wohl nur durch massive politische Einflußnahme bei erheblichen rechtsstaatlichen Skrupeln des Bundesverfassungsgerichts durchgesetzt werden, obwohl der SRP nur falsche („gegen den Liberalismus“ gerichtete) Ideologie, der KPD jedoch vorgeworfen werden konnte, Agentur einer zur Vernichtung der bundesdeutschen Verfassungsordnung entschlossenen feindlichen Macht zu sein.
- Die Einseitigkeit zugunsten der extremen Linken und damit (aufgrund des natürlichen ideologie-politischen Kontinuums) der politischen Linken generell, ist durch die spezielle Parteiverbots- und Demokratieschutzkonzeption der Bundesrepublik vorgegeben, die den „liberalen Demokratie des Westens“ fremd ist (so das Bundesverfassungsgericht im KPD-Urteil): Das Schutzgut dieser Verbotskonzeption, nämlich die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ (vgl. Art. 21 (2) GG), nimmt zwar eine Abgrenzung gegenüber der „totalitären Demokratie“ der politischen Linken vor, konzediert jedoch der (linken, totalitären) „Volksdemokratie“ den demokratischen Charakter, welcher der politischen Rechten aus ideologischen Gründen von vornherein nicht zugestanden wird und mag sich diese Rechte noch so rechtstreu verhalten: dies ist dann im Zweifel „Legalitätstaktik“ – in der Tat ein nicht widerlegbarer Vorwurf (den man generell erheben könnte, aber natürlich nur einseitig so eingesetzt wird).
- Sowohl die bundesdeutsche Demokratie mit spezieller Parteiverbots- und Grundrechtsverwirkungskonzeption, in der Tat „ein neuer Typ der demokratischen Staatsform“, „für die wir noch die richtige Vokabel suchen“ (GG-Kommentar), als auch die „Volksdemokratie“ einer „Deutschen Demokratischen Republik“ (die hieß wirklich so!) rechtfertigen sich aus dem auf die Französische Revolution, Ursprung der „totalitären Demokratie“, zurückgehenden „jakobinischen Dilemma“ der Demokratie, die sich weit vorab vor der an sich für Demokratie stehende Mehrheit schützen will, welche die Demokratie abschaffen könnte: Um diese demokratiewidrige Mehrheit in der Demokratie zu verhindern, müssen „Freiheit“ und „Demokratie“ über staatliche „Werte“ zu Formeln der Gesinnungskontrolle und Meinungsbeschränkung gemacht werden: Die Bezeichnung „Deutsche Demokratische Republik“ für ein totalitäres Regime, das zum Schutz der („Volks-)Demokratie“ mit Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl „gegen rechts“ (also gegen eine faschismusanfällige Wählermehrheit) vorgeht, hat diese Jakobinerlogik für sich.
- Ein wesentlicher Grund, weshalb deutsche Kommunisten trotz des mit dem Grundgesetz (GG) gerechtfertigten KPD-Verbots sich immer positiv gegenüber diesem GG gezeigt haben, liegt darin, daß sie an der Formulierung der bundesdeutschen Parteiverbotskonzeption entscheidenden ideologischen Anteil hatten und instinktiv erkennen, daß sich diese Konzeption bei Anlehnung an die klug konzipierte antifaschistische DDR-Verfassung von 1949 mit der Umformulierung von Grundrechten in staatliche Kompetenznormen zur Verfolgung politischer Opposition zur totalitären (Links-)Demokratie weiterentwickeln läßt: Die bundesdeutsche Verfassungsschutzkonzeption birgt „DDR-Potential“ in sich: Die staatliche Ächtung falscher politischer Auffassung vermindert die Meinungsfreiheit im Bereich des „Verfassungsschutzes“ methodisch auf den Stand der DDR-Verfassung von 1968/74, die die Garantie der Meinungsfreiheit auf „Verfassungsgrundsätze“ reduziert hatte.
- Das „DDR-Potential“ des bundesdeutschen Verfassungsschutzes verwirklicht sich derzeit vor allem durch eine gegen „diskriminierende“ Ideen gerichtete Anti-Diskriminierungs-gesetzgebung „gegen Rechts“, die sich in der Handhabung des „Extremismus“ spiegelt: „Rechtsextremismus“ stellt überwiegend eine amtlich unerwünschte Ideologie dar, die im Wege der staatlichen Nachzensur in einer rechtsstaatlich unberechenbaren Weise bekämpft wird, während „Linksextremismus“ rechtsstaatlich eindeutiger am Maßstab der Gewaltbereitschaft beschrieben wird.
- Die weitgehende politische Irrelevanz des Vorwurfs des „Linksextremismus“, der einer Diskussionsbeteiligung im sozialisierten Rundfunk, ja einer Regierungsbeteiligung oder gar dem Ministerpräsidentenamt nicht entgegensteht, spiegelt den linken Charakter der bundesdeutschen Verfassungsschutzkonzeption: Deren Prämissen lassen es als grundsätzlich widersinnig erscheinen, die politische Linke, die auf eine demokratische Einheitsmeinung abzielt, zum Objekt eines Verfassungsschutzes zu machen, der damit methodisch verwandt eine demokratische Mitte-Konformität herbeizuführen will: „Extremismus“ kann bei beiden Ansätzen eigentlich nur rechts, also „Rechtsextremismus“ sein.
- Da nach der Einschätzung bundesdeutscher Demokraten (so Peter Glotz, SPD) die Deutschen ohnehin „Nazi“ wählen würden, wenn man sie nur einfach Demokratie entsprechend den Schulbüchern des Gemeinschaftskundeunterrichts praktizieren ließe, stellt die „DDR“, also der „Kampf gegen rechts“ mit „antifaschistischen Schutzwall“ konzeptionell das logische Ende einer ideologie-politischen Verfassungsschutz-Konzeption dar, mag sich dieses Potential auch nicht (vollständig) realisieren: aber es gibt eine entsprechende Tendenz hierzu, was durch die Tatsache illustriert werden kann, daß sich nunmehr die ehemalige DDR-Diktaturpartei als die eigentliche bundesdeutsche Verfassungsschutzpartei verstehen will.
- In der Tat muß eine Partei, wie Die Linke, die durch ihre Selbstbezeichnung deutlich macht, daß sie „links“ und damit logischerweise auch „rechts“ für bedeutsam hält, dabei aber mit der Kampfparole „Faschismus ist kein Meinung, sondern ein Verbrechen“ politische Konkurrenz von rechts generell illegalisieren will, notwendigerweise eine „DDR“ anstreben, wobei ihr die besondere VS-Konzeption der BRD vor- und zuarbeitet.
- Versuche der CDU, auch zur Wahrung ihrer Mitte-Position und zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wieder den Anti-Totalitarismus anzustreben, werden sich auf einer ideologischen Ebene mangels diesen Ansatz tragender einbindungsbedingter Interessen nicht mehr durchsetzen können: Die CDU würde es nicht einmal mehr wagen, mit dem Slogan „Freiheit oder Sozialismus“ Wahlkampf zu machen, obwohl dieser Slogan angesichts der extremen Linkstendenzen berechtigter wäre als zu der Zeit als damit durchaus erfolgreich, wenngleich „grenzwertig“, Wahlkampf gemacht worden war.
- Um völlig legitimer Weise den von links ausgehenden Demokratiegefährdungen entgegentreten zu können, ist die Abkehr von einer ideologie-politisch ausgerichteten Demokratieschutzkonzeption erforderlich: In der Bundesrepublik Deutschland ist eine normale „liberale Demokratie des Westens“ (BVerfG) zu verwirklichen, indem eine Parteiverbotskonzeption verankert wird, wie sie in der Vereinsverbotsvorschrift des freien Königreichs Dänemark mit § 78 seiner Verfassung formuliert ist.
- Der entscheidende Schritt zur Verwirklichung einer liberalen Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland ist die Verabschiedung vom amtlichen Extremismus-Begriff: Zur rechtsstaatlich legitimen Bekämpfung des umgangssprachlich oder auch politik-„wissenschaftlich“ als „Linksextremismus“ zu definierenden Phänomens, d.h. insbesondere seiner kriminellen Grundrechtsverhinderungsaktionen, ist der Extremismusbegriff rechtlich überflüssig; dessen Verabschiedung würde jedoch gleichzeitig der politischen Rechten endlich die unverbrüchliche Legalität sichern, die durch eine geheimdienstlich geschützte „Werteordnung“, welche mit rechtsstaatsfremden Kategorien wie „Rechtsextremismus“ operiert, strukturell beeinträchtigt ist.
- Politische Freiheit, insbesondere Meinungsfreiheit ist erreicht, wenn – wie für „die liberalen Demokratien des Westens“ (BVerfG) kennzeichnend – der friedliche Antagonismus von links und rechts zur politischen Entscheidungsfindung des Volks offen und frei in Erscheinung treten kann: Dieser Antagonismus ist das einzige demokratiekonforme Instrument, den ideologischen Gefährdungen von Demokratie durch das Instrument der freien politischen Auseinandersetzung zu neutralisieren.
- Der völlig legitime administrative und rechtliche Demokratieschutz ist in einer rechtsstaatlich legitimen Weise zu verwirklichen, indem das Schutzgut „freiheitliche demokratische Grundordnung“ als die „verfassungsmäßige Ordnung“ erkannt wird, die gemäß § 81 StGB (Hochverrat) vor politisch motivierter Gewaltbereitschaft geschützt werden darf. Dagegen ist die Vorstellung des „ideologischen Hochverrats“, die dem real praktizierten Extremismus-Begriff zugrunde liegt, als Verletzung des Prinzips der Volkssouveränität zu erkennen, das individualrechtlich das Recht zur unbegrenzten Verfassungsdiskussion gibt.
Hinweis
Die nachfolgend online gestellte Abhandlung stellt eine Ergänzung zum SWG-Gutachten dar, das einen extremistisch diskriminierenden Fall des staatsideologischen Kampfes gegen rechts behandelt. Außerdem kann der Beitrag als Ergänzung zum jüngsten Werk des Verfassers gelesen werden:
Josef Schüßlburner
Konsensdemokratie. Die politische “Mitte” als Demokratieproblem
Neuauflage 2024, Reihe kaplaken, Band 24,
Verlag Edition Antaios (Gebundene Ausgabe),
8,50 Euro ISBN: 9783935063944
In einer Demokratie sind „links“ und „rechts“ die maßgeblichen Kategorien für die politische Entscheidungsfindung des Volks. Dieser demokratische Mechanismus wird den Deutschen durch die linksextreme Verfassungsschutzkonzeption von vorherein durch eine autokratische Mitte verwehrt.
„Begünstigung der politischen Linken durch die bundesdeutsche Verfassungsschutzkonzeption“