Verfassungsschutz und Sektenkeule

Von Hans-Helmuth Knütter

Dieser Beitrag stellte eine Besprechung des zweibändigen Sammelwerkes mit dem Titel „Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid“ dar, das von Gerhard Besier und Erwin K. Scheuch herausgegeben worden ist:

Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid Teil 1 von Gerhard Besier und Erwin K. Scheuch von Edition Interfrom (Broschiert – 1999)

Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid 2 von Gerhard Besier und Erwin K. Scheuch von Edition Interfrom (Taschenbuch – 1999)

Dieses zweibändige Sammelwerk beschäftigt sich umfassend mit der Situation der Religionsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland und hat auch eine Relevanz für das Thema „Verfassungsschutz“: Unter dem Eindruck des Zusammenbruchs des Kommunismus sah sich nämlich der bundesdeutsche Verfassungsschutz auf der Suche nach dem verlorenen Feind. Da boten sich die staatsideologisch als „Sekten“ gekennzeichneten alternativen Religionsgemeinschaften als staatliches Überwachungs- und Ausforschungsobjekt an. Insbesondere bestand dabei gute Aussicht, daß der Verfassungsschutz bei der Sektenbeobachtung auf großes Verständnis bei etablierten Religionsgemeinschaften und Kirchen mit ihren Sektenbeauftragten stoßen würde. Damit konnte sich der behördliche Verfassungsschutz bei etablierten Kräften, die sich insbesondere im Zeitalter des Antikommunismus skeptisch bis ablehnend zu dieser Einrichtung positioniert hatten, als es völlig legitimer Weise galt, die kommunistische Gefahr abzuwehren, neue Legitimität als zentrales staatliches Ideologieinstrument verschaffen.

Diese Konstellation stellt den Ausgangspunkt für so etwas wie eine Religionspolitik der Bundesrepublik Deutschland dar, die unter einem erweiterten Verfassungsschutzverständnis konzipiert wurde.

Völlig ausgeblendet ist in dem zweibändigen Sammelwerk, ob diese geheimdienstliche, auf „Verfassung“ bezogene Religionspolitik sich nicht von der bundesdeutschen Zivilreligion ableitet, mit der das weltliche Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland zu einem sakralen Text aufgewertet wird, anhand dessen dann religiöse Bekenntnisse und Überzeugungen auf verfassungsgemäße Denkweise und Gesinnung überprüft werden können, was zu einem zentralen Konflikt mit der staatlichen Neutralitätsverpflichtung als Ausfluß der Rechtsstaatskonzeption führt. Die Tatsache, daß nunmehr die Religionsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland problematisch zu werden beginnt, macht diesen Konflikt der Verfassungsschutzkonzeption mit der Verfassungsordnung überdeutlich.

Beim vorliegenden Text handelt es sich um einen Beitrag zu dem von Hans-Helmuth Knütter und Stefan Winckler herausgegebenen Sammelwerk: „Der Verfassungsschutz. Auf der Suche nach dem verlorenen Feind“.

Die Redaktion von www.links-enttarnt.de dankt dem Universitas-Verlag, München, für die Einwilligung zur unveränderten Online-Stellung dieses Beitrags. Das im Jahr 2000 erschienene und noch immer aktuelle Werk kann noch käuflich erworben werden:

Hans-Helmuth Knütter, Stefan Winckler (Hrsg.)
Der Verfassungsschutz – Auf der Suche nach dem verlorenen Feind
Universitas Verlag, 2000, gebunden, 420 Seiten, 24,90 Euro
ISBN-10 : 3800414074, ISBN-13 : 978-3800414079
Erhältlich auch hier

„Verfassungsdiskussion Teil 13“

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