Sozialismusbewältigung Teil 11

Teil 11: Sozialismus wird Faschismus – Betrachtungen zu Nord-Korea

Josef Schüßlburner

Was bleibt von der russischen „Oktoberrevolution“ von 1917 mit ihrem universellen sozialistischen Anspruch nach Untergang der Sowjetunion und des Kommunismus in Osteuropa? Antwort: Nationalsozialismen! Soweit kommunistische Staaten den Untergang der Sowjetunion überlebt haben, was in Ostasien der Fall ist, dann ist deren Fortexistenz nur dadurch gesichert, daß sie sich in die jeweilige Tradition ihres Landes einordnen und dabei bewußt von orthodoxen Marxisten als politisch und weltanschaulich „rechts“ einzustufende Elemente adaptieren. Teilweise ist dies mit einer expliziten, zumindest impliziten Verabschiedung vom irrationalen Marxismus verbunden, läuft also auf eine Nachahmung dessen hinaus, was sich mit dem europäischen Faschismus als Sozialismus-Häresie bereits nach dem 1. Weltkrieg vollzogen hatte. Dieser von den Dogmen von Marxismus und Internationalsozialismus entblößte nationalsozialistische Ansatz eröffnet Raum für eine sinnvollere Wirtschaftspolitik, da es bei diesem Ansatz um die Sozialisierung der Menschen geht, was meist mit einer nationalistischen Ideologie vollzogen wird. Diese Sozialisierung des Menschen erspart dann die Sozialisierung der Wirtschaft (Verstaatlichung), weil danach ein sozialistisch, d.h. parteiendiktatorisch sozialisierter Mensch auch als Privatunternehmer ohnehin das tut, was „die Gesellschaft“, d.h. die Parteidiktatur von ihm erwartet. Die Besonderheit von Nord-Korea ist allerdings, daß sein faschistischer Sozialismus wirtschaftspolitisch, verbunden mit den üblichen international-sozialistischen Hungersnöten, beim klassischen Kommunismus verblieben ist, d.h. die Vorteile, die insoweit eine faschistische Entwicklung gegenüber dem Kommunismus eröffnet, (noch?) nicht Gebrauch gemacht hat.

Auch diese nord-koreanische Entwicklung des ostasiatischen Sozialismus zeigt, daß im klassischen Sozialismus des europäischen 19. Jahrhunderts der Nationalsozialismus / Faschismus von vorherein angelegt war. Anders als der Begriff „(International-)Sozialismus“ ist der Begriff „Nationalsozialismus“ jedoch von vorherein negativ besetzt. Sieht man sich das kommunistische Nord-Korea an, zeigt sich, daß diese negative Konnotation schon seine Berechtigung hat, mag dieses Regime, verglichen mit den anderen entsprechenden Regimen, insbesondere Volksrepublik China oder Vietnam, insbesondere wirtschaftspolitisch einen Sonderfall darstellen. Mit der „Demokratischen Volksrepublik Korea“, also mit Nord-Korea, findet sich in der Tat die bizarrste Diktatur der heutigen Welt und das skurrilsten Regime der politischen Linken.

Das Wesen des dieses Regimes kann vielleicht mit sultanistischer Totalitarismus umschrieben werden, eine Kennzeichnung, die sich angesichts des verrückten Persönlichkeitskults anbietet. Das nordkoreanische Regime versteht sich auch nach Verabschiedung vom Marxismus als Verwirklichung der kommunistischen Utopie, was in den künstlerischen Inszenierungen von Massenaufmärschen mit Führerhuldigung zelebriert und in Propagandapostern festgehalten wird, die im wesentlichen folgende Themen aufweisen: Errichtung des Paradies des Volkes, unerschrockener Trotz, Loyalität und Hingabe (zum Führer), Verteidigung der (sozialistischen) Revolution mit dem Prinzip des Vorrangs der Armee und rassistischem Volksgemeinschaftskult. Wie bei allen Verwirklichungsformen der sozialistischen Utopie, die vor allem im 20. Jahrhundert versucht wurden, läuft die Paradiesverkündigung auf eine sehr reale KZ-Hölle hinaus: „Diese Hölle existiert“ (so die Aussage eines Betroffenen, dem die Flucht gelungen ist).

Nun wird insbesondere ein Anhänger der politischen Linken versucht sein, dem nordkoreanischen Regimes und seiner tragenden Staatsideologie Chuch’e (etwa: nationale Unabhängigkeit) und Sŏn’gun (Militär zuerst) den sozialistischen Charakter abzusprechen, was bereits zu Formulierungen geführt hat wie „Socialism without Socialism“, d.h. nur dem Namen nach sozialistisch vom Inhalt her aber nationalistisch oder faschistisch, sofern man nicht offen den Begriff „nationalsozialistisch“ verwenden will. Der vorliegende Beitrag zeigt am Beispiel der Entwicklung in Nordkorea auf, daß der Faschismus eine sich aufdrängende Möglichkeit der klassischen sozialistischen Doktrin darstellt. Letztlich geschieht der Übergang vom Sozialismus zum Faschismus schon dadurch, daß man anstelle des Proletariats die (proletarische) Nation zum Agens des Fortschritts macht und dabei schließlich auch den biologischen Aspekt zur Erklärung der Menschheitsentwicklung berücksichtigt. Im Falle des ostasiatischen Sozialismus (wie von anderen Unabhängigkeitssozialismen auch kommunistischer Provenienz der sog. Dritten Welt) ist dabei zu berücksichtigen, daß er von vornherein „faschistischer“ angelegt war, weil er die Elemente, die sich im Zuge des Ersten Weltkriegs in Europa über den Linksrevisionismus vom klassischen Sozialismus als Faschismus / Nationalsozialismus abspalten sollten, etwa als Maoismus integriert hat. Ungeachtet dieser Besonderheit darf nicht verkannt werden, daß sich zentrale Elemente, die üblicherweise als „faschistisch“ ausgemacht werden, schon in der klassischen marxistischen Strömung und deren parteipolitischen Organisationen direkt finden: Nord-Korea belegt, daß der „Faschismus“ (Nationalsozialismus) einen nahezu notwendigen Teil der sozialistischen Entwicklung darstellt. Behandelt werden zum Nachweis dieser Behauptung die Elemente sozialistische Führerkult (der sich aus dem Avantgardeprinzip nach der Konzeption der „Diktatur des Proletariats“ ergibt), sozialistischer Nationalismus (Konzept der proletarischen Nation als Fortschrittsagens) und Rassismus (der sich aus dem Anliegen der Rassenabschaffung zur Verwirklichung der Großen Gleichheit ergibt), sozialistischer Militarismus (der sich auf den sozialistischen Revolutionskult zurückführen läßt) und generell sozialistischer Irrationalismus (gnostisch-religiöser Charakter der sozialistischen Ideenströmung).

Hinweis
Der vorliegende Beitrag stellt eine Ergänzung zum Werk des Verfassers dar:

Josef Schüßlburner
Roter, Brauner und Grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus,
2008, Lichtschlag Medien und Werbung KG, 24,80 Euro
ISBN-10: 3939562254, ISBN-13: 978-3939562252
Dieses Buch ist im März 2015 in unveränderter 3. Auflage wieder erschienen und nunmehr auch in einer Kindle-Edition für 6,99 Euro erhältlich. Erhältlich auch hier

Dieses Werk fordert eine umfassende Sozialismusbewältigung, die sich nicht nur auf die Bewältigung des (deutschen) Nationalsozialismus beschränken darf. Dieser Radikalfaschismus ist natürlich in die Sozialismusbewältigung einzubeziehen, weil sonst Phänomene wie Nord-Korea völlig verkannt würden.

„Sozialismusbewältigung Teil 11“

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