Kritik des Parteiverbotssurrogats Teil 8

Teil 8: Die heimliche Verfassungskonzeption der deutschen VS-Linken (und Mitte?): Die DDR-Verfassung von 1949

Josef Schüßlburner

Die besondere Parteiverbotskonzeption, welche die bundesdeutsche Demokratie zu einem Sonderweg unter den liberalen Demokratien des Westens macht, welcher über das Parteiverbotssurrogat in einem veralltäglichten ideologischen Notstand permanent umgesetzt wird, trägt erhebliches DDR-Potential in sich: Was müßte geschehen, wenn sich die Mehrheit der Deutschen entsprechend der Unterstellung des sog. „Antifaschismus“, die aber auch den Prämissen dieser Verbotskonzeption zugrundeliegt, tatsächlich für eine politische Agenda entscheiden würde, welche der Sozialismus als „Faschismus“ einstuft? Wie könnte dann die Demokratie noch gerettet werden? Die Antwort kann dann nur sein, daß eine DDR-Diktatur errichtet werden müßte, welche sich durch Berufung auf „demokratische Werte“, also rein ideologisch als „Demokratie“ einstuft. Diese Konsequenz wird in der Bundesrepublik dadurch vermieden, daß sich Verbotspolitik und vor allem Verbotsersatzpolitik (Geheimdienstüberwachung, Eintragung im VS-Bericht, diskriminierende Umsetzung der geheimdienstlichen „Erkenntnisse“ etc.) gegen politische und weltanschauliche Minderheiten richten, die dabei allerdings gedanklich als Parlamentsmehrheit antizipiert werden (denn nur dann könnten sie ihre Agenda umsetzen, sofern ihnen nur die Agenda und nicht etwa rechtswidrigen Handeln als „verfassungsfeindlich“ zum Vorwurf gemacht wird, wie dies üblicherweise der Fall ist). Dieses DDR-Potential der bundesdeutschen Staatsschutzkonzeption erklärt zum einen die generell positive Einstellung der Kommunisten zum Grundgesetz, obwohl ihre Partei unter Berufung auf eben dieses Grundgesetz verboten worden ist. Daß man am Grundgesetz gar nicht so viel ändern müßte, um eine sozialistische Verbotsdiktatur einführen zu können, belegt die DDR-Verfassung von 1949, die eine geschickte linksextreme Imitation des ein halbes Jahr zuvor erlassenen Grundgesetzes darstellt. Auf dieser Imitation aufbauend konnte dann über den „Antifaschismus“ unter Mitwirkung der blockparteilichen Mitte bei Nichtlizenzierung einer Rechtsopposition als besondere Demokratieform der Unterdrückungssozialismus eingeführt werden.

Der wesentliche Ansatz, aus einer derartigen Grundgesetzimitation eine Links-Diktatur zu machen, bestand in der Umfunktionierung der Grundrechte, insbesondere des Gleichheitssatzes, von negativen Staatskompetenzen zu staatlichen Werten, die das Verhalten der Bürger (und nicht mehr des Staates) steuern: Aus Grundrechten werden dann Strafnormen für politische Opposition gegen „Demokratie“ und „Demokraten“. Dieser Ansatz ist dem bundesdeutschen Verbotssystem in der Tat nicht ganz fremd und es ist bezeichnend, daß sich maßgebliche Begrifflichkeiten des bundesdeutschen Verbotsersatzsystems zwar nicht im Grundgesetz finden, jedoch in der DDR-Verfassung von 1949, wie „Verfassungsfeind“ und „demokratische Politiker“ (was die Existenz von Nicht-Demokraten impliziert). Diese bewältigungsbedürftige Situation deutet das durch Verfassungsinterpretation und Verfassungspolitik (auch ohne förmliche Grundgesetzänderung) zu verwirklichende Radikalisierungspotential der bundesdeutschen Verfassungsschutzkonzeption an, an der „Die Linke“ als Verfassungsschutzpartei ein erhebliches Interesse hat. Sie kann dann beweisen, daß sie die wirklichen Demokraten darstellen. Deshalb kann unterstellt werden, daß die DDR-Verfassung von 1949 so etwas wie die wirkliche Verfassungskonzeption der politischen Linken darstellt soweit sie Demokratieverwirklichung vor allen in Verboten gegen Opposition erkennt, also eine VS-Linke darstellt. Die politische Mitte, die zur Formulierung der DDR-Verfassung von 1949 als (beginnende) Blockparteivarianten im „antifaschistischen Block“ durchaus beigetragen hatte (was etwa am Staatskirchensystem und am Föderalismus nachgewiesen werden kann), ist gegenüber einer Interpretation des Grundgesetzes in einer Weise, die mehr in der DDR-Verfassung von 1949 zum Ausdruck kommt, ziemlich wehrlos; denn sie teilt mit der Linken das ideologischen Anliegen eines „Kampfes gegen Rechts“, der effektiv als Beeinträchtigung des politischen Pluralismus nur zu führen ist, wenn man mit den Begrifflichkeiten der DDR-Verfassung im Rahmen des entsprechend anzuwendenden Grundgesetzes hantiert. Es sollte dabei aber nicht vergessen werden, daß der „Kampf gegen rechts“ im Sinne der Nichtlizenzierung rechter politischer Parteien (neben dem Realfaktor Rote Armee) der Ausgangspunkt der DDR-Diktatur war – allerdings auch des bundesdeutschen Verbots(ersatz)systems, wobei in der Bundesrepublik der Antifaschismus vorübergehend in einen „auch gegen links“ einsetzbaren Anti-Totalitarismus erweitert werden konnte. Dies hat sich jedoch mit Integration der maßgeblichen Diktatur-Partei des DDR-Regimes in den bundesdeutschen Verfassungsbogen erledigt, so daß es nunmehr wieder nur „Antifaschismus“ gibt, dessen freiheitsfeindliche Wirkung anhand der Anfänge des DDR-Regimes studiert werden kann, welches schließlich einen „antifaschistischen Schutzwall“ zum Schutze ihrer besonderen Demokratie gegen die eigenen Bürger errichten mußte.    

Hinweis

Der vorliegende Beitrag stellt eine etwas angepaßte Fassung eines Beitrags zum 60. Jahrestag der DDR-Verfassung von 1949 dar, welcher im libertären Magazin „eigentümlich frei“ (ef) erschienen ist mit dem Titel: Betrachtung zum 60. Jahrestages des Erlasses der DDR-Verfassung vom 7. Oktober 1949: Die radikale Zukunft des Grundgesetzes?

Die radikale Zukunft des Grundgesetzes?

Die Redaktion von www.links-enttarnt.de dankt der Zeitschrift „eigentümlich frei“ für die Zustimmung zur online-Stellung dieser überarbeiteten Neufassung des Beitrags.

Die weitere Darlegung auch der linksextremen Bezugspunkte der bundesdeutschen Verfassungsschutzkonzeption wird in der vom Verfasser veröffentlichten Broschüre weiter dargelegt.

 

Josef Schüßlburner/Institut für Staatspolitik
»Verfassungsschutz«: Der Extremismus der politischen Mitte
Wissenschaftliche Reihe; 30 [Arbeitsgruppe 1: Staat und Gesellschaft]
62 Seiten, ermäßigt 5 Euro, ISBN: 978-3-939869-30-6, erhältlich hier

“Teil 8: Die heimliche Verfassungskonzeption”

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