Kritik des Parteiverbotssurrogats Teil 30

Teil 30: Der Vorwurf des „Revisionismus“ durch den bundesdeutschen „Verfassungsschutz“ und in kommunistischen Regimes

Josef Schülburner

(01.11.2021) Wie auf dieser Internetseite dargestellt, hat das Verwaltungsgericht München den auf den Vorwurf des „Revisionismus“ gestützten Vorwurf des verfassungsfeindlichen „Rechtsextremismus“, den der Verfassungsschutz des Freistaates Bayern gegen die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) im sog. „Verfassungsschutzbericht 2019“ gerichtet hatte, als rechtswidrig erkannt, weil sich dieser amtliche Vorwurf als gegen Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit sowie der Vereinigungsfreiheit gerichtet darstellt.

Dies wirft die Frage auf, in welchen anderen politischen Ordnungen der Inlandsgeheimdienst bzw. die Staatspropaganda oppositionelle Bestrebungen mit dem Vorwurf des „Revisionismus“ überzieht. Der Vorwurf als solcher stammt aus der sozialistischen Ideenströmung und wurde dabei vor allem gegen Eduard Bernstein gerichtet, der das für die Sozialdemokratie seinerzeit maßgebliche Theoriengebäude von Karl Marx einer abermaligen Lektüre, also einer Re-vision unterzogen hat und dabei zur Erkenntnis gelangt ist, daß die Theorie des Marxismus mit der Annahme eines Zusammenbruchs des Kapitalismus mit anschließender unvermeidlicher Ankunft von Revolution und Sozialismus nicht ganz zutreffend sein könne. Obwohl dieser „Revisionismus“ von der klassischen Sozialdemokratie bis zu Beginn des 1. Weltkriegs entschieden abgelehnt wurde (was der bundesdeutsche „Verfassungsschutz“ als „verfassungsfeindlich“ einstufen müßte), stellt dieser – bundesideologisch dann wohl als gut einzustufende – „(Rechts-) Revisionismus“ den Inhalt der Sozialdemokratie seit dem 1. Weltkrieg bis zum Godesberger Programm von 1959 und darüber hinaus dar, während der Marxismus, bzw. die letztlich von Friedrich Engels zur Bekämpfung des Linksrevisionismus eines Eugen Dühring begründete marxistische Orthodoxie, zur Ideologie kommunistischer Regimes, insbesondere der Sowjetunion und der Volksrepublik China werden sollte. Diese Regime haben dann abweichende Strömungen, die als konkurrierende sozialistische Ideenströmungen angesehen wurden, als „Revisionismus“ staatlich massiv bekämpft. Dieser Begriff, insbesondere derjenige des „Rechtsrevisionismus“ gehörte dementsprechend zu den „giftigen Worten“ des Systems der Linken in der DDR-Diktatur.

Die staatliche Bekämpfung dieses „(Rechts-)Revisionismus“ hat zu massiven politischen Verfolgungsmaßnahmen in kommunistischen Regimes geführt. Allein die Achtung vor der Menschenwürde der Opfer dieser politischen Verfolgung sollte es verbieten, daß eine Behörde eines demokratischen Rechtsstaats sich dieses vergifteten Diktaturvokabulars gegen rechts bedient.  Konkret kommt hinzu, daß bei banaler Anwendung des Rechts der Verfassung, die der „Verfassungsschutz“ „schützen“ soll, nicht zu erkennen ist, daß „die Verfassung“ (Grundgesetz, Bayerische Landesverfassung) etwa von einer „deutschen Kriegsschuld“ ausgeht oder diese rechtlich verbindlich als zwingende Auffassung vorgibt. Für die Frage der „Verfassungstreue“ ist deshalb die Haltung zu dieser Frage völlig irrelevant, weil nicht davon ausgegangen werden kann, daß jemand gegen die Demokratie eingestellt sein soll, der diese „deutsche Kriegsschuld“ bestreitet und derjenige automatisch „Demokrat“ und damit Anhänger der Meinungsfreiheit sein soll, der nachdrücklich die Behauptung einer „deutschen Kriegsschuld“ propagiert (tendenziell kann sogar das Gegenteil vermutet werden!). Was hierbei und hinsichtlich vergleichbarer Themenkomplexe zutreffend ist, obliegt der Erkenntnisfindung aufgrund Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit, gegen die der bundesdeutsche „Verfassungsschutz“ hierbei von vorherein positioniert ist.

Was wird aber dann als „Verfassung“ geschützt, wenn die Frage der sog. „Kriegsschuld“ mit dem Schutz der Demokratie rechtlich nichts zu tun hat? Wie in kommunistischen Regimes wird mit dem amtlichen Vorwurf des „(Rechts-)Revisionismus gegen oppositionelle Strömungen eine Herrschaftsideologie gesichert. Eine derartige Ideologie wird sich aufgrund der weltanschaulichen Ausrichtung der politischen Parteien wohl notwendiger Weise als unvermeidbar ergeben, weil es politischen Parteien freigestellt sein muß, ihre Politik auch unter Hinweis auf geschichtliche Vorgänge zu begründen und zu rechtfertigen.

Der Unterschied zwischen einer Demokratie und diktatorischen Regimes besteht insofern darin, daß in einer Demokratie derartigen Ideologien, auch wenn sie aufgrund der Regierungsbildung nach Mehrheitsprinzip in amtlichen Ansprachen und anderweitig einen amtlichen Charakter annehmen, oppositionell in aller Freiheit entgegengetreten werden kann, während derartige Opposition zur amtlichen Ideologien in Diktaturen unterdrückt wird und damit zur politischen Verfolgung führt. Diese klare Unterscheidung zwischen Diktatur und Demokratie wird beim bundesdeutschen „Verfassungsschutz“ zumindest konzeptionell, wenn nicht ebenfalls zu politischen Verfolgungsmaßnahmen führend erkennbar unterminiert und stellt demnach eine zentrale Demokratiebedrohung dar. Es ist maßgebliche Aufgabe einer Rechtsopposition, im Interesse einer liberalen Demokratie des Westens in der Bundesrepublik Deutschland dieser Etablierung einer durch amtliche Revisionsmus-Bekämpfung geschützten Staatorthodoxie gerichtlich und vor allem politisch entgegenzutreten.

Der anschließende Text ist als Vortrag konzipiert, weshalb sich dort nur marginale Literaturhinweise finden. Dies wird etwas ausgeglichen durch das Literaturverzeichnis am Ende des Textes und die weiter nicht kommentierten Verlinkungen im Text auf einschlägige weitere Texte auf der Website www.links-enttarnt.de       

Hinweis
Soweit im Text die Sozialismus-Problematik behandelt wird, kann dieser Text als Ergänzung zum einschlägigen Werk des Verfassers zur Sozialismusbewältigung gelesen werden:

Josef Schüßlburner
Roter, Brauner und Grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus,
2008, Lichtschlag Medien und Werbung KG, 24,80 Euro
ISBN-10: 3939562254, ISBN-13: 978-3939562252
Dieses Buch ist im März 2015 in unveränderter 3. Auflage wieder erschienen und nunmehr auch in einer Kindle-Edition für 6,99 Euro erhältlich.

Das Problem der amtlichen Revisionismus-Bekämpfung in der BRD stellt vor allem ein maßgebliches Problem für die Rechtsopposition dar, was in folgender Broschüre des Verfassers eingehend erörtert wird:

Josef Schüßlburner
Scheitert die AfD? Die Illusion der Freiheitlichkeit und die politische Alternative
Studie 39 des IfS, Verein für Staatspolitik e. V., 2020, Broschur, 239 Seiten, 7 Euro
Erhältlich beim Verlag Antaios

„Der Vorwurf des „Revisionismus“ durch den bundesdeutschen Verfassungsschutz und in kom. Regimes“

  

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