Kritik der Europaideologie – Teil 12

Kritik der Europaideologie – Teil 12: Austritt aus der Europäischen Union – eine gebotene Option für Deutschland

Josef Schüßlburner

(17.09.2021) Auch wenn die Aussage im Wahlprogramm der Oppositionspartei Alternative für Deutschland (AfD) zum Dexit, also zum Austritt der Bundesrepublik Deutschland aus der Europäischen Union (EU), jüngst von Europaabgeordneten dieser Partei als nicht klug kritisiert worden ist, so hat diese Forderung nicht nur für das Überleben dieser Partei, sondern langfristig auch für das Überleben der BRD eine zentrale Bedeutung, ein Zusammenhang, der schon dadurch besteht, daß mit der Entwertung der nationalstaatlichen Demokratie durch „Europa“ bezüglich der Deutschen das Gleiche erreicht werden soll wie mit dem Parteiverbotsersatzregime eines „Verfassungsschutzes“: Die Wiederkehr des sog. „Faschismus“ durch Ausübung des freien Wahlrechts soll damit Deutschen unmöglich gemacht werden, wobei darunter bei Deutschen schon der Nationalliberalismus verstanden wird. Dieser Zusammenhang wird durch die sog. Österreichsanktion des Jahres 2000, die gegen den deutschen Nationalliberalismus gerichtet waren, mehr als deutlich. Um die Gefahr, die für „demokratische Werte“ durch Deutsche ausgeht, abzuwehren, sollen „Europäer“ die Deutschen ersetzen, indem die Deutschen einerseits zu europäischen Reichsbürgern werden (Europa als deutsche Reichsersatzideologie), andererseits aber auch indem Drittstaater zu wahren Europäern ausgerufen werden, konnten doch auch die USA als Europa-Vorbild nicht als Vereinigung der einheimischen (Indianer-)Völker entstehen, sondern nur durch Einwanderer, den wirklichen Amerikanern. Eine entsprechende eurokratische Absicht wird durch den Vorwurf der „Fremdenfeindlichkeit“ belegt, der auch im bundesdeutschen Parteiverbotssystem von zentraler Bedeutung ist, aber vor allem die sog. Österreichsanktionen motiviert hat.

Das Plädoyer für den Dexit ist auch nicht deshalb anders zu bewerten, weil die französische Rechte ihre Haltung zum Frexit zu revidieren beginnt. Bei Anerkennung der Situation, daß es nationale Interessen gibt, die relativ unabhängig von den jeweiligen Parteien bestehen, mögen sie von diesen auch unterschiedlich akzentuiert werden, muß auch für die französische Rechte im Ergebnis angenommen werden, was zum seinerzeit neugewählten Präsidenten der Französischen Republik, dem Europapopulisten Emmanuel Macron, ausgesagt wurde, nämlich, daß er versuchen wird, „das zu Ende zu bringen, was sein alter Förderer Attali mit dem Euro im Sinn hatte, nämlich die deutsche Wirtschafts- und Finanzkraft abzuschöpfen… Er braucht ihre (Merkels, Anm.) Mithilfe, um den letzten unwiderruflichen Schritt der Euro-Zone in die totale Transferunion zu realisieren und damit die von Attali und Mitterand vorgedachte deutsche Selbstentmachtung zu Ende zu bringen“, so der Finanzexperte Bruno Bandulet (Nachweis im Text).

Auch bei einer Regierungsübernahme in der Französischen Republik durch eine Präsidentin Le Pen würde sich daher aus spezifischem deutschen Interesse die Frage des Dexit ergeben, weshalb sich auch die AfD mehr an den britischen Konservativen oder der Schweizer Volkspartei orientieren sollte als an den (in der Terminologie des bundesdeutschen „Verfassungsschutzes“) französischen „Rechtsextremisten“. Warum soll also den Deutschen nicht zustehen, wozu sich Großbritannien gerade erfolgreich entschieden hat und für die Schweiz schon immer gegolten hat? Die grundlegende Frage ist dabei natürlich, ob EU-Europa für die Deutschen wirklich ein Vorteil ist: Schon wirtschaftlich betrachtet, was einst die wesentliche Begründung für die EWG war, bestehen nämlich Zweifel, wenn man bedenkt, daß Nicht-EU-Staaten wie Schweiz, Liechtenstein und Norwegen über einen höheren Lebensstandard verfügen als die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU. Zumindest haben die Sozialisierung der europäischen Währungen und die damit verbundene Abschaffung des Währungswettbewerbs die wirtschaftlichen Vorteile beseitigt, die bislang durchaus bestanden haben. „Europa“ wird für die Deutschen seither zu teuer: Schreibt man die Entwicklungen der vergangenen Jahre seit dem Untergang der Sowjetunion und damit eines oder gar des eigentlichen ursprünglichen Rechtfertigungsgrundes von „Europa“ als politischer Größe fort, dann könnte die positivste Entwicklung von EU-Europa vielleicht in der Nachahmung der Situation der Indischen Union bestehen, die jedoch aufgrund ihres Zentralismus erhebliche Schwierigkeiten hat, aus der Unterentwicklung zu entkommen. Es spricht einiges dafür, daß diese Überwindung der Unterentwicklung dem indischen Subkontinent eher gelingen würde, gäbe es dort in etwa so viele unabhängige Staaten wie bislang noch in Europa existieren. Durch die Zentralisierung („Europäisierung“) wird sich EU-Europa in Richtung Unterentwicklung nach indischer Art begeben, was aber bei Aufrechterhaltung von EU-Europa, wohl schon mittelfristig noch die optimale Entwicklung wäre.

Als ziemlich verfehlt stellt sich die Rechtfertigung dar, daß „Europa“ die Demokratie fördern würde: Das der EU-Konstruktion inhärent anhaftende Demokratiedilemma ist nämlich selbst dann nicht lösbar, wenn man tatsächlich zu einem one-man one vote-System mit europäischer Regierung übergehen würde, was jedoch nicht geschehen wird. Das Verhältnis von Wähler und Gewählten würde sich bei einem europäischen Wahlgebiet erheblich ausdünnen, was mit der Zunahme der Macht von Lobbygruppen einhergehen würde. Das „eherne Gesetz der Oligarchie“ (Michels) würde sich gnadenlos durchsetzen. „Europa“ ist dabei gegen das Axiom gerichtet, wonach zwischen demokratisch regierten Staaten keine Kriegsgefahr bestehen würde. Nach diesem Axiom wäre „Europa“ zur Friedenssicherung nicht erforderlich, ja die mit „Europa“ mehr oder weniger notwendigerweise einhergehende Ent-Demokratisierung erhöht dann die Kriegsgefahr, die bei einem staatsähnlichen Europa als „Bundeszwang“ entsprechend dem Rechtsgedankens von Artikel 37 GG in Erscheinung treten könnte. Insofern ist gerade das Austrittsrecht aus der EU die wirkliche Friedensgarantie für Europa!

Als Alternative zu einem EU-Europa wäre der Beitritt aller bisherigen Mitgliedstaaten der EU zur EFTA anzustreben, wodurch die Vorteile der Wirtschaftsliberalisierung mit der Rückkehr zu souveränen demokratischen Staaten verbunden werden könnten. Sollte EU-Europa fortentwickelt werden, dann nur unter der Bedingung der Vergemeinschaftung der französischen Atomwaffen und der Veto-Stellung Frankreichs im UN-Sicherheitsrat. Dazu wird jedoch auch eine Präsidentin Le Pen nicht bereit sein.  

Die Bereitschaft zu einer derartigen Dexit-Diskussion in Deutschland, die dann einen entsprechenden politischen Druck erzeugen könnte, von der EU-rechtlich garantierten Austrittsoption Gebrauch zu machen, könnte letztlich sogar dazu führen, daß die Option nicht ausgeübt werden muß, weil sich dann die weitere mit der Währungsunion verbundene Sozialisierungspolitik zugunsten der europäischen Süd-Allianz nicht durchsetzt. Deshalb sollte sich eine wirkliche Oppositionspartei, die in Deutschland dringend benötigt wird, nachdem alles anderes, unter Einschluß der kommunistischen (linken) Mauerbauer-Partei zum Bestandteil eines sog. demokratischen Kartellparteiensystems geworden ist, nicht gehindert sehen, derartige Überlegungen anzustellen und öffentlich dem mündigen Bürger zur Diskussion zu stellen. Der Freiheitscharakter von Parlamentswahlen würde sich durch klare Alternativoptionen, die angeblich aufgrund der europäischen Irreversibilität und Alternativlosigkeit bei „Europa“ für die Deutschen nicht bestehen sollen, gegen die sich machtpolitisch in der Tat die Europa-Konstruktion richtet, entschieden erhöhen: Selbst wenn von dieser Option dann nicht Gebrauch gemacht wird. Freiheit besteht nämlich darin, Optionen, also eine Alternative für Deutschland, zu haben!   

Hinweis
Der Beitrag geht auch einen Vortrag zurück, weshalb dort nur wenige Literaturhinweise gebracht sind. Diese finden sich in den vorausgegangenen Beiträgen der vorliegenden Serie zur Europakritik, die auch die einzelnen Aussagen vertieft behandeln.

„Kritik der Europaideologie – Teil 12“

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