Teil 1: Drohung mit „Verfassungsschutz“: Soll die AfD in den VS-Bericht?
Josef Schüßlburner
„Für mich gehört die AfD in den Verfassungsschutzbericht und nicht ins Fernsehen“, so der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, zur Begründung der Dialogverweigerung von SPD-Politikern mit einer Oppositionspartei, was deshalb bemerkenswert ist, weil gerade die SPD eine große Dialogkompetenz bewiesen hatte, die sich im SPD-SED-Papier „Der Streit der Ideologen und die gemeinsame Sicherheit“ erfolgreich zum Ausdruck gebracht hat.
Das grundlegende Thema ist aufgrund der sozialistischen Ausgrenzungsforderung gegen politische Opposition: Was würde es für die AfD bedeuten, wenn der Forderung nach Aufführung der AfD in einem sog. „Verfassungsschutzbericht“ entsprochen würde? Ist diese Aufnahme der AfD in einen „Verfassungsschutzbericht“ wirklich wahrscheinlich und wäre dies rechtlich überhaupt zulässig? Bejahenden Falles: Was könnte man dagegen tun?
Die grundlegende erste Frage kann wie folgt beantwortet werden: Die AfD wäre dann einem faktischen oder verdeckten Parteiverbot unterworfen, das sich vor allem darin zum Ausdruck bringen würde, daß gegen maßgebliche Parteimitglieder, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, disziplinarrechtlich nach Möglichkeit mit dem Ziel der Dienstentlassung vorgegangen würde, mit der weiteren Konsequenz, daß sich mangels attraktiver Kandidaten die Sperrwirkung der wahlrechtlichen Sperrklausel ins Unüberwindliche erhöhen würde. Deshalb besteht auch die größte Gefahr, diesem faktischen Parteiverbot unterworfen zu werden, wenn der Wähleranteil bleibend um die 5% oszillieren würde.
Mit dem Instrument „Verfassungsschutz“ ist in der Bundesrepublik Deutschland ein Parteiverbotsersatzsystem (Parteiverbotssurrogat) errichtet, das naturgemäß seinen Ausgangspunkt in einer auf dieser Internetseite nachdrücklich kritisierten Parteiverbotskonzeption hat, die aufgrund ideologiepolitischer Ausrichtung notwendigerweise auf einen Kollateralschaden am politischen Pluralismus abzielt. Vor allem soll mit dem auf dieser Parteiverbotskonzeption beruhenden Verbotssurrogat – nach einem vorübergehenden Ausgreifen auch gegen links als „Antitotalitarismus“ – die Etablierung einer Partei rechts von CDU / CSU (und FDP) „antifaschistisch“ verhindert werden.
Im vorliegend online gestellten Text, der als 1. Teil den Auftakt einer Serie zur Kritik am bundesdeutschen Parteiverbotssurrogat darstellt, wird dieses Verbotssurrogatssystem und eine Alternative hierzu, nämlich die weitgehende Rückkehr zum liberalen Staatsschutzkonzept, skizziert. Das Propagieren dieser Alternative und die Kritik am bestehenden ideologiepolitischen Verfassungsschutzsystem würden für eine Verbotsersatzforderungen unterworfenen Partei den besten Schutz dagegen darstellen, tatsächlich einem derartigen verdeckten Parteiverbot unterworfen zu werden. Unabhängig davon ergibt sich die Notwendigkeit einer derartigen Alternative für Deutschland im Staatsschutzrecht, wenn man Mehrparteienprinzip, Rechtsstaat und Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland unverbrüchlich verwirklichen will.
Der vorliegende Text ist aus einem Powerpoint gestützten Vortrag hervorgegangen. Der Vortragsstil ist überwiegend beibehalten, so daß naturgemäß die Literaturhinweise auf ein Minimum beschränkt sind. Dies wird in den folgenden Teilen dieser Serie zur Kritik des Parteiverbotssurrogats ausgeglichen werden. Weitere Teile werden sich dem Verfassungsschutzbericht als solchem widmen, es wird auf die Institution „Verfassungsschutz“ selbst eingegangen. Dem Komplex „Radikalenerlaß“, d.h. der weltanschaulich-politischen Diskriminierung im öffentlichen Dienst wegen falscher Parteizugehörigkeit und falschen politischen Ansichten wird ein weiterer Teil gewidmet. Weitere Aspekte werden in zusätzlichen Teilen behandelt werden.
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