Kritik der Europaideologie – Teil 6

Kritik der Europaideologie – Teil 6: Europa als VS-System gegen „deutsche Nationen“ – Was besagen die „Österreich“-Sanktionen der EU-XIV von 2000?

Josef Schüßlburner

(Stand: 27.05.2024) „Es ist nicht das Gleiche, ob die extreme Rechte in Deutschland, Italien oder Frankreich in die Regierung kommt.“ So die Aussage des seinerzeit maßgeblichen Beraters des französischen Präsidenten Chirac, des Soziologen Emmanuel Todd, zur Begründung der demokratie- und deutschfeindlichen „Österreichsanktionen“ von 14 Mitgliedstaaten der EU im Jahr 2000. Diese Position des französischen Erbfreundes erklärt zuletzt den Beschluß der rechten Fraktion des sog. Europaparlaments, die Mitglieder der deutschen Oppositionspartei Alternative für Deutschland (AfD) aus ihrer Fraktion auszuschließen. Je realistischer die Chancen der „rechtsextremen“ Madame Le Pen sind, doch endlich Präsidentin der Französischen Republik zu werden, desto notwendiger wird es für sie und ihre Partei, sich der eigentlichen Existenzbedingung von „Europa“ zu stellen und diese besteht darin, die Deutschen „einzubinden“. Diese Konstellation kommt auch den romanischen „Rechtsextremisten“ zugute. Dies konnte man seinerzeit schon der entschieden ablehnenden Stellungnahme der von einem Post-Kommunisten geführten italienischen Regierung gegen die michelhaften Anwandlungen der Regierung von Kanzler Schröder (SPD) entnehmen, der sich vorbehalten wollte, die „Österreichsanktionen“ auch auf eine zu erwartende rechte Regierung in Italien anzuwenden: „Und als Bundeskanzler Schröder warnte, Italien könne ähnliche Ausgrenzungen erleben wie Österreich, falls die Allianza Nazionale in die Regierung einträte, wies der sozialistische Premierminister D´Alema seine Berliner Botschaft an, beim Kanzler Protest einzulegen“ (s. Nachweis im Text).

Solche demokratieerhaltenden „Sanktionen“ wegen der Ausübung des freien Wahlrechts sind nur für „deutsche Nationen“ vorgesehen (als solche durften dann auf einmal die Österreicher eingestuft werden, obwohl doch die Europaideologie die Abgrenzung gebietet, weil man nur Bundesdeutsche und Franzosen europäisch vereinigen kann, aber nicht Österreicher und Deutsche). „Europa“ ist damit letztlich die gegen den demokratischen Pluralismus der Deutschen gerichtete internationale Verfassungsschutzeinrichtung, deren Existenz die deutsche VS-Konstruktion logischerweise zur Voraussetzung hat:

Die zentrale Prämisse des bundesdeutschen Verfassungsschutzregimes, wonach nicht darauf vertraut werden könne, daß sich im demokratischen Prozeß der Meinungsbildung die freiheitliche Demokratie behaupte, gebietet eine Instanz, die über diesem demokratischen Prozeß steht, da ja auch der „Verfassungsschutz“ Teil des politischen Prozesses darstellt und auch für ihn – gerade für ihn und zwar völlig berechtigter Weise – die Zweifel geltend zu machen sind, ob die Demokratie wirklich die Demokratie erhält. Da ein Monarch, der diese übergeordnete Funktion wahrnehmen könnte, nicht erlaubt ist, ein von demokratischen Staaten ausgeübtes Besatzungsregime auch keine Dauerlösung darstellen kann, bietet sich „Europa“ als übergeordnete Demokratieschutzinstanz an. Die sog. Österreich-Sanktionen von 14 EU-Mitgliedstaaten gegen den 15. Mitgliedstaat Österreich wegen der Regierungsbeteiligung der politisch rechtsstehenden Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und der von dieser nach „Demokratieanalysen“ vertretenden „Fremdenfeindlichkeit“ zeigt an, daß zumindest in Bezug auf „deutsche Nationen“ Europa in zentraler Weise eine VS-Funktion darstellt. Dies sollte nicht verwundern, da die EU von den USA vor allem mit dem Ziel konzipiert worden ist, das Besatzungsregime, welches die falsche demokratische Wahlentscheidung der Deutschen des Jahres 1933 als übergeordnete Demokratieschutzinstanz mit Eisen und Blut korrigiert hatte, ablösen zu können. Dabei galt es mit Niederhaltung der Deutschen weiterhin die Werte der Besatzungsherrschaft zu sichern, die durch falsche Ausübung der Demokratie durch die Deutschen nicht gefährdet werden dürften.

Unter Berufung auf „demokratische Werte“ konnte man dann die Demokratie in Österreich der Verfassungsschutzprämisse entsprechend „europäisch“ korrigieren, wobei auch die normalerweise diesbezüglich eher im Hintergrund wirkenden USA explizit hervortraten. Dabei war erkennbar eigentlicher Adressat der sog. Österreich-Sanktionen der bundesdeutsche Wähler, da die „internationale Gemeinschaft“ (womit in der Regel besondere Demokratieschutzstaaten gemeint sind) ein ähnliches Wahlverhalten der Bundes-Deutschen befürchtete wie dies die Österreicher mangels weniger weitreichender VS-Politik zeigen durften und im Rahmen ihrer mit der freien Weimarer Reichsverfassung kongenialen Verfassung auch tun konnten. Konkret befürchteten seinerzeit die (besonders) demokratischen Mächte, daß die Osterweiterung der EU (und damit indirekt der NATO) am Veto von Regierungen scheitern könnte, die von der politischen Rechten „deutscher Nationen“ maßgeblich beeinflußt würden.

Mit den Österreich-Sanktionen offenbarten sich kurzfristig die wirklichen Machtverhältnisse, die mit „Europa“ auf den Begriff gebracht sind, in einer Weise, über die man ansonsten nur Vermutungen anstellen kann, die dann natürlich nur verfassungsfeindliche „Verschwörungstheorien“ sein können. In der Folgezeit ist man deshalb bislang nicht mehr zu einer derartigen offenen Machtpolitik zurückgekehrt, weshalb dann auch die weitere Koalition der österreichischen Christlichsozialen mit der FPÖ anders beseitigt wurde, was dann zu verfassungsfeindlichen „Verschwörungstheorien“ führte, wenn man darüber zu laut denkend Vermutungen anstellt.

AfD-Politikern, die ihre Partei gewissermaßen in eine Lucke-Partei zurückverwandeln wollen, um der „Beobachtung“ durch den „Verfassungsschutz“ zu entgehen und nunmehr: nicht von rechten „Miteuropäern“ aus einer Fraktion ausgeschlossen zu werden, sollten die „Österreich-Sanktionen“ zu denken geben. Immerhin hatte sich die Lucke-AfD gegen die Europäische Währungsunion positioniert, was aber wegen der Interessenlage für „Europa“ maßgeblicher Mächte, einschließlich der französischen und italienischen „Rechtsextremisten“, sollten sie an die Regierung kommen, derart bedeutsam ist, daß auch eine Lucke-AfD der VS-Problematik nicht entgehen würde, wenn sie die 5%-Toleranz des bundesdeutschen Wahlrechts und damit von „Demokraten“ zu sehr strapaziert. Deutscher „Verfassungsschutz“ als für die Deutschen gezimmerter Demokratiesonderweg und „Europa“ beruhen auf derselben Prämisse, nämlich zu verhindern, daß die Deutschen ein falsches Wahlverhalten an den Tag legen. Dagegen haben sich dann auch übergeordnete Mächte wie „Europa“ zu positionieren, deren Existenz die VS-Prämisse voraussetzt: da bei den Deutschen – anders als bei Italienern und Franzosen, selbst wenn diese „rechtsextrem“ wählen – nicht gewährleistet ist, daß die Demokratie demokratisch bleibt.

Selbstverständlich erledigen sich damit zahlreiche Illusionen der deutschen „Rechten“ hinsichtlich „Europa“. Eine Le Pen-Regierung in Frankreich wird nicht bereit sein, die Veto-Position von Frankreich im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder gar das französische Atomwaffenarsenal zu „europäisieren“. Und dies allein wäre das, was aus rechter Sicht eine staatenähnliche Europakonstruktion rechtfertigen könnte. Auch wird eine Regierung von Madame Le Pen, wie schon jetzt die Regierung von Signora Meloni in Italien, den Euro beibehalten wollen, weil er die europäische Umverteilung zu Lasten der Deutschen garantiert, wovon auch ihre Regierungen profitieren wollen. Den einmal angedeuteten „Frexit“ haben daher die französischen „Rechtsextremisten“ schon lange aufgegeben.  

Damit wird der AfD wohl doch nichts anderes übrig bleiben, als für den „Dexit“ einzutreten. Dazu braucht man dann keine Fraktion mit Anhängern von Le Pen und Meloni. Zum „Dexit“ ist einiges hier ausgeführt sowie in der Ausgabe 243 der Zeitschrift eigentümlich frei. Der vorliegende Beitrag zur Europakritik (ein klassisches Anliegen schon der Lucke-AfD) stellt auch eine Ergänzung zur Veröffentlichung des Verfassers, Scheitert die AfD – Die Illusion der Freiheitlichkeit und die politische Alternative dar. „Europa“ und „Verfassungsschutz“ stehen nämlich für die Deutschen in einem inneren Zusammenhang!

Josef Schüßlburner
Scheitert die AfD? Die Illusion der Freiheitlichkeit und die politische Alternative
Studie 39 des IfS, Verein für Staatspolitik e. V., 2020, Broschur, 239 Seiten, 7 Euro
Erhältlich beim Verlag Antaios

“Kritik der Europaideologie – Teil 6”

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