Das Jahr 1985

1985
Revolutionäre Zellen (RZ)/Rote Zora(Frauenorganisation)

Die Anzahl der terroristischen Anschläge der RZ steigt von elf im Vorjahr auf 18 (1985) an. Von der Roten Zora gehen zwei eigenständige Terroranschläge aus. Hauptanschlagsziele der RZ stellen Forschungsinstitute und sonstige Einrichtungen, die sich mit der Entwicklung von Bio- und Gentechnologie befassen, dar. Nach ihrer Ansicht sind diese Einrichtungen zentrale strategische Sektoren einer „kapitalistischen Konzeption“ zur „Bewältigung der wirtschaftlichen Krise“. So verüben sie z. B. Sprengstoffanschläge auf einen Neubau des Max-Planck-Instituts in Köln am 19. 8. 1985 und auf das Institut für medizinische und biologische Forschung der Universität Heidelberg am 13. 4. 1985. Eine weitere Zielgruppe sind Firmen und Institutionen im Bereich der Mikroelektronik. Von den Anschlägen der RZ ist nur ein Objekt der militärischen Infrastruktur betroffen. Vor dem Hintergrund des in Bonn stattfindenden Weltwirtschaftsgipfels werden drei Bombenanschläge verübt (Deutsche Bank, Hoechst und der Gesamtverband der Metallindustrie in Köln). Publizistisch treten die RZ 1985 nicht in Erscheinung.
Verfassungsschutzbericht 1985

Anfang 1985
Rote-Armee-Fraktion (RAF)

Während des Hungerstreiks der inhaftierten RAF-Mitglieder ereignen sich 15 Sprengstoff- und 23 Brandanschläge, von denen sich die Hälfte gegen militärische Objekte richtet.
APuZ, 31. 1. 1987

1. Januar 1985
Brandanschlag auf das Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg

Im Neubau des Zentrums für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg übergießen RAF-Helfer in der Neujahrsnacht die Elektroanlage mit explosivem Klebstoff und Motoröl und versuchen, einen Brandsatz zu zünden; Schmierparolen fordern „die Zusammenlegung der polit. Gefangenen“.
Der Spiegel, 2/1985, S. 70

2. Januar 1985
Bekennerbriefe zu drei Anschlägen

Bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gehen zwei Bekennerschreiben zu den Bombenanschlägen auf eine Bürobaracke des Abschirmdienstes der amerikanischen Armee am 30. 12. 1984 in Düsseldorf und auf das türkische Generalkonsulat am 25. 12. 1984 in Münster ein. Beide Briefe verlangen die „Zusammenlegung der Gefangenen aus der RAF“. Ein weiteres Bekennerschreiben zum Anschlag auf eine Dependance der französischen Botschaft in Bonn am 1. Januar dieses Jahres geht in den Redaktionen des Bonner „General-Anzeigers“ und der „Bonner Rundschau“ ein. In ihm heißt es: „Unser Angriff zielt auf eine der Nahtstellen zwischen NATO-Militärs und Rüstungsindustrie.“
Die Welt, Bonn, 3. 1. 1985

6. Januar 1985
Internationales Treffen von Terror-Sympathisanten

In Paris findet ein Treffen von Terror-Sympathisanten aus mehreren Teilen Europas statt, auf dem gemeinsame Aktionen besprochen werden sollen. Zu den Teilnehmern gehört u. a. auch die RAF-Aktivistin Ingrid Barabass.
Der Spiegel, 11/1987, S. 129

7. Januar 1985
Anschlag auf NATO-Pipeline

Auf die NATO-Pipeline bei Hohenahr (Lahn-Dill-Kreis) wird ein Anschlag verübt. Die Täter werfen einen Brandsprengsatz in einen Schacht außerhalb des NATO-Tanklagers. Bei der Explosion wird die Pipeline nicht beschädigt, es entsteht geringer Sachschaden. In einem Schreiben an eine Presseagentur und eine Tageszeitung bekennt sich die „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF) zu dem Anschlag.
Süddeutsche Zeitung, München, 10.01.1985

10. Januar 1985
Verwandte von RAF-Häftlingen besetzen Büro

In das Büro des Europäischen Parlaments in Bonn dringen neun Sympathisanten und Angehörige von Häftlingen der „Roten-Armee-Fraktion“ (RAF) und anderer Gefangener ein und erklären das Büro für besetzt. Sie übergeben handgeschriebene Briefe und Kopien der Angehörigen der Inhaftierten den Mitarbeitern des Büros und wollen damit darauf hinweisen, daß „die schlechten Haftbedingungen ein europäisches Problem“ seien. Unter den Besetzern, die der bundesdeutschen Justiz Psychoterror vorwerfen, befinden sich u. a. Irene Klar, die Schwester des RAF-Mitglieds Christian Klar, und Verena Lauterbach, die Mutter von Adelheid Schulz. Nach einer friedlichen Diskussion mit dem Geschäftsführer des Büros verlassen die Besetzer nach ungefähr einer Stunde das Haus.
General-Anzeiger, 11. 1. 1985

14. Januar 1985
Fahndung nach RAF-Mitgliedern

Das Bundeskriminalamt (BKA) bittet die Bevölkerung um Unterstützung bei der Fahndung nach vier neuen Mitgliedern der „Roten-Armee-Fraktion“ (RAF). Gegen Andrea Klump, Barbara und Horst Meyer sowie Thomas Simon liegen Haftbefehle wegen dringenden Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor, die für zahlreiche schwere Straftaten wie Mord, Geiselnahmen, Sprengstoffanschläge und bewaffnete Raubüberfälle verantwortlich ist.
Die Welt, Bonn, 15. 1. 1985#

15. Januar 1985
Internationaler Terrorismus

Mit italienischen, belgischen und französischen Terroristen unterhält die „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF) enge personelle und logistische Kontakte. Neun Tage nach dem internationalen Treffen von Terror-Sympathisanten in Paris verteilen die RAF und die französische „Action directe“ (AD) eine gemeinsame Erklärung (Titel: „Für die Einheit der Revolutionäre in Westeuropa“) an Nachrichtenagenturen in Paris. Darin kündigen die Terrororganisationen ein „historisches Projekt“ an. Dem „imperialistischen Versuch“, Westeuropa zum „harten Block zusammenzuschweißen“ und die NATO zu integrieren, müsse mit „Angriffen gegen die multinationalen Strukturen der NATO, gegen Basen und Strategen“ begegnet werden. Die Untergrundzeitung „Zusammen kämpfen“, das Sprachrohr der RAF, widmet dem sowohl in deutscher als auch französischer Sprache veröffentlichten Statement eine Sonderausgabe.
Der Spiegel, 6/1985, S. 23, 10/1987, S. 142, und 11/1987, S. 129

17. Januar 1985
Bombenanschlag in Hannover gescheitert

Ein Bombenanschlag auf das Innenministerium in Hannover mit seinen 370 Bediensteten scheitert. Nachdem ein Bekennerschreiben von RAF-Sympathisanten im Innenministerium eingeht, wird die Suche nach der Bombe aufgenommen. Nach mehrstündiger Durchsuchung des Ministeriums und seines Umkreises wird in einer Mauernische an der Außenwand des Gebäudes ein Feuerlöscher mit sechs Kilogramm Sprengstoff entdeckt, der nach Angaben der Sicherheitsbehörden vermutlich schon am 5./6. Januar explodieren sollte. Der Zündmechanismus versagte offenbar aufgrund des Dauerfrostes. Die Autoren des Bekennerschreibens begründen ihren „Angriff“ damit, daß im Innenministerium eine „Zentrale der inneren Kriegführung“ liege.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. 1. 1985

20. Januar 1985
Bombenanschlag auf die Baufirma Züblin in Stuttgart

Fünf Tage nach der Herausgabe eines gemeinsamen Positionspapiers der „Roten Armee Fraktion“ (RAF) und der „Action directe“ (AD) explodiert im Rechenzentrum der Baufirma Züblin in Stuttgart-Vaihingen eine Bombe. Bei dem Anschlag kommt einer der Attentäter ums Leben. Dabei handelt es sich um Johannes Thimme (28), einst Mitläufer in der Gruppe um Ex-Anwalt Siegfried Haag, die 1977 an der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback beteiligt war. Seine Begleiterin Claudia Wannersdorfer (23), die der Polizei bei den Krefelder Krawallen im Juni 1983 aufgefallen war, wird mit Splittern in Beinen und Bauch, geplatztem Trommelfell und verbrannten Augenlidern ins Haftkrankenhaus Hohenasperg gebracht. Der Anschlag galt aber nicht dem Rechenzentrum der Baufirma, sondern Thimme vermutete in dem Gebäude die „Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt“ (DFVLR). Der Terrorist hatte sich jedoch geirrt, das RAF-Archiv versagt. Die DFVLR war schon vor Monaten umgezogen, nur das Firmenschild am Eingang täuschte noch den Sitz des Unternehmens vor.
Der Spiegel, 5/1985, S. 83, und 6/1985, S. 23

Februar 1985
Brief Grüner Abgeordneter an RAF-Terroristen

Die Bundestagsabgeordneten der Grünen, Christa Nickels und Antje Vollmer, schreiben während des RAF-Hungerstreiks einen Brief an Inhaftierte der „Roten-Armee-Fraktion“ (RAF), u. a. an den „lieben Christian Klar“, in dem sie sie darum bitten, „uns die Gelegenheit zu einem Besuch einzuräumen“. Der Brief stößt vielerorts auf Kritik. Otto Schily erklärt, daß die RAF kein politischer Gesprächspartner der Grünen sein könne, doch die Fraktion beschließt mit Mehrheit, auch die politische Auseinandersetzung mit der RAF zu suchen.
Der Spiegel, 11/1985, S. 30; 12/1985, S. 133 f., und Spiegel-Interview in 13/1985, S. 66

1. Februar 1985
Ermordung von Dr. Ernst Zimmermann

In Gauting bei München wird Ernst Zimmermann (55), Vorsitzender der Geschäftsführung der Motoren- und Turbinen-Union (MTU) und Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftfahrt-, Raumfahrt- und Ausrüstungsindustrie (BDLI), in seinem Haus durch einen Schuß in den Kopf schwer verletzt. Noch am selben Abend erliegt er seiner Verletzung. Zu dem Attentat bekennt sich die „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF). Ein anonymer Anrufer beim Lokalblatt „Gautinger Anzeiger“ sagt: „Hier ist die RAF. Wir haben eine wichtige Mitteilung. Das Kommando Patrick O’ Hara übernimmt die Verantwortung für den Anschlag auf den BDLI-Präsidenten und Chef von MTU Ernst Zimmermann. Die west­europäische Guerilla erschüttert das imperialistische System.“ Am 25. 1. 1985 ­tötete ein „Kommando Elisabeth van Dyck“ den General Rene Audran, der im Pariser Verteidigungsministerium für Rüstungsexporte zuständig war. Zwischen beiden Attentaten besteht ein enger Zusammenhang. Sie galten Personen aus dem – so der Terroristen-Jargon – „militärisch-industriellen Komplex“, und getroffen werden sollte auch „die Achse Paris-Bonn“ (Bekennerschreiben).
Der Spiegel, 6/1985, S. 17 ff., und 11/1987, S. 128 f.

11. Februar 1985
Revolutionäre Zellen (RZ)

Die RZ versuchen, ein Gebäude der „South Africa Foundation“ in Bonn in die Luft zu sprengen. Die Aktion gilt der „Solidarität mit den Befreiungskämpfern in Südafrika“.
APuZ, 31. 1. 1987

14. Februar 1985:
Anschlag auf den Leiter des Berliner Staatsschutzes

Auf den Leiter des Berliner Staatsschutzes, Ganschow, wird ein Bombenanschlag verübt. Die Täter zünden den Sprengkörper an der Hinterseite seines Wohnhauses im Süden Berlins. Das Ehepaar Ganschow bleibt unverletzt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. 2. 1985

7. März 1985
Attentat auf Dortmunder Kaufhaus

Auf das Dortmunder Kaufhaus Hertie wird ein Bombenattentat verübt, durch das acht Menschen verletzt werden. Die Vermutungen gehen dahin, daß die „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF) für diesen Anschlag verantwortlich ist. Kurz nach der Tat geht bei der „Bild“-Redaktion ein anonymer Anruf ein, in dem der Anrufer behauptet, er spreche für eine „Aktion Christian Klar“, die sich zu dem Attentat bekenne. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärt, falls der Verdacht zutreffe und das Attentat auf das Konto von Terroristen gehe, sei dies „als Versuch zu werten, Massenterror unmittelbar gegen die Bevölkerung zu richten“.
Der Spiegel, 11/1985, S. 30

11. März 1985
Öko-Terrorismus

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet über eine neue Art des Terrorismus in Deutschland: den Öko-Terrorismus. Gewalttätige Unterstützer sprengen Strommasten und zünden Müll-Transporter an. Sie verüben Anschläge auf Zulieferfirmen von Kernkraftwerken und auf Chemiefabriken. Rund 600 solcher Gewalttaten in den letzten zwei Jahren haben Schäden in zweistelliger Millionenhöhe verursacht. Kriminalisten und Verfassungsschützer wissen jedoch wenig über die politisch motivierten Tätergruppen, die amtliche Erkenntnislage über die Öko-Terroristen ist sehr schlecht. Das liegt zum Teil daran, daß hier Täter mit unterschiedlichster Motivation (Rüstungsgegner, Tierschützer, Datenschützer, Atomkraftgegner etc.) am Werk sind.
Der Spiegel, 11/1985, S. 82 ff., vgl. auch 32/1986, S. 50 ff.

13. März 1985
Verurteilung von Adelheid Schulz und Rolf Clemens Wagner

Nach anderthalbjähriger Verhandlung geht in Düsseldorf der Prozeß gegen die RAF-Mitglieder Adelheid Schulz (29) und Rolf Clemens Wagner (40) zu Ende. Schulz wird u. a. wegen Mittäterschaft an der Ermordung des Fahrers und der drei Sicherheitsbegleiter von Hanns Martin Schleyer, an der späteren Ermordung von Schleyer und der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto zu „dreimal lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt“. Wagner erhält zweimal lebenslänglich. Er ist allerdings bereits 1980 in der Schweiz wegen eines Banküberfalls in Zürich zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Düsseldorfer Richterspruch ist das von der Beweislage her am besten belegte und deshalb wohl auch überzeugendste Urteil aller einschlägigen RAF-Prozesse. Auch nach dem insgesamt vierten Terroristenprozeß in Sachen Ponto und Schleyer wissen die Strafverfolger und die Richter aber noch immer nicht, wer am 30. 7. 1977 in Oberursel den Bankier Jürgen Ponto erschoß, wer am 5. 9. 1977 in Köln beim Überfall auf die Wagenkolonne Schleyers die tödlichen Schüsse auf die Begleitpersonen abgefeuert und wer sechs Wochen später den entführten Arbeitgeberpräsidenten mit Kopfschüssen ermordet hat.
Der Spiegel, 12/1985, S. 61 ff.

28. April 1985
Bombenanschläge in Köln und Düsseldorf

In Köln und Düsseldorf werden auf Gebäude von Industrie und Banken Bom­benanschläge verübt. Es entsteht ein Sachschaden von mehreren hunderttausend Mark. In einem Schreiben an das Kölner Büro der Deutschen Presseagentur bekennen sich linksterroristische „Revolutionäre Zellen“ zu den Anschlägen. In dem Brief heißt es, man befinde sich in einem „unerledigten Klassenkampf“, in dem die Banken, die Arbeitgeber und die chemische Industrie die Weichen für eine „extrem verschärfte Ausbeutungsära“ stellten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. 4. 1985

30. Mai 1985
Revolutionäre Zellen (RZ)

Die RZ zerstören mit einem Sprengstoffanschlag eine unterirdische Pipeline der NATO in der Nähe von Frankfurt. Es entsteht ein Sachschaden von 150.000 DM.
APuZ, 31. 1. 1987

7. August 1985
Ermordung eines US-Soldaten

Der US-Soldat Edward Pimental wird nach einem Disko-Besuch durch einen Genickschuß ermordet. Es ging den RAF-Terroristen um den Ausweis des Soldaten, den sie für einen Anschlag auf die US-Air Base am Frankfurter Flughafen benötigen.
Der Spiegel, 34/1985, S. 76 f.

8. August 1985
Anschlag auf US-Air Base des Frankfurter Flughafens

Auf der US-Air Base des Frankfurter Flughafens detoniert ein mit Sprengstoff vollgepackter VW Passat. Zwei US-Passanten werden getötet und zwanzig weitere Personen, alle auf dem Weg zum Dienst, verletzt. Die Rote-Armee-Fraktion (RAF) und die französische Terrororganisation „Action directe“ (AD) bekennen sich gemeinsam zu dem Anschlag auf den US-Luftwaffenstützpunkt. In dem Schreiben der RAF heißt es, „durch ein gemeinsames Kommando von Action directe und uns“ sei „die Perspektive der internationalen antiimperialistischen revolutionären Front auf neuer Stufe real geworden“.
Der Spiegel, 34/1985, S. 76 f., und 11/1987, S. 128 f.

19. August 1985
Rote Zora

Am frühen Morgen detoniert im Neubau des Kölner Max-Planck-Instituts, in dem Genforscher für „Bayer“ widerstandsfähige Nutzpflanzen züchten, ein Sprengsatz. Zu dem Anschlag bekennt sich die Gruppe „Rote Zora“.
Der Spiegel, 49/1985, S. 20

2. September 1985
Revolutionäre Zellen (RZ)

Auf die BP-Tochter „Scientific Control System“ in Hamburg und die Hoesch-Tochter „Mathematischer Beratungs- und Programmierdienst“ in Dortmund werden Anschläge verübt. Die Revolutionären Zellen bekennen sich zu den Anschlägen.
Der Spiegel, 49/1985, S. 20

10. September 1985
Anschlag auf TU in Berlin

Auf die Technische Universität Berlin (TU) wird ein Sprengstoffanschlag verübt, bei dem ein Sachschaden von ca. 50.000 Mark entsteht. Die Explosion ereignet sich im Büro des geschäftsführenden Direktors des Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik. Staatsschutzchef Manfred Ganschow vermutet, die Luft- und Raum­fahrtindustrie sei Anschlagsziel von Extremisten, da sie von ihnen der Rüstungs­wirtschaft zugeordnet werde.
Frankfurter Allgemeine Zeitung und Die Welt, Bonn, 12. 9. 1985

7. Oktober 1985
Sprengstoffanschläge in Köln

Auf die Kölner Niederlassung der Daimler-Benz AG und das Botanische Institut der Universität Köln werden Sprengstoffanschläge verübt. Die Sachschäden belaufen sich auf insgesamt ca. 200.000 Mark. In einem Schreiben an die Deutsche Presse-Agentur (dpa) bekennt sich ein Kommando der „Revolutionären Zellen“ (RZ) zu den Anschlägen. Der Anschlag auf Daimler-Benz wird in dem Schreiben als „Rache“ für den Tod von Günter Sare, der bei einer Demonstration von einem Wasserwerfer der Polizei in Frankfurt überrollt worden war, bezeichnet. Der zweite Anschlag sei ein „Protest“ gegen die Gentechnik.
Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung, 8. 10. 1985

14. Oktober 1985
Bombenanschläge in Schwäbisch-Gmünd

Auf eine Niederlassung von Daimler-Benz und einen Hochspannungsmast der Energieversorgung Schwaben (EVS) in Schwäbisch-Gmünd werden Sprengstoff­anschläge verübt. Es entsteht ein Sachschaden von ca. 120.000 DM. Das Landeskriminalamt vermutet hinter den Anschlägen politische Motive.
Die Welt, Bonn, 15. 10. 1985

November 1985
Verfassungsschutzbericht NRW für das erste Halbjahr 1985

Im öffentlichen Dienst des Landes NRW sind wesentlich mehr Links- als Rechtsextremisten tätig. 225 Beamte und Angestellte (davon 179 Lehrer) werden als Angehörige linksextremer Organisationen beschrieben. Von ihnen sind 202 Mitglieder der DKP. Das ergibt einen Anteil der politischen Extremisten im öffentlichen Dienst von 0,7 Promille (340.000 Beschäftigte insgesamt). Die DKP hat in NRW noch 12.000 Mitglieder (40.000 insgesamt). Die Friedensliste, deren Bundesvorstand zu mehr als der Hälfte aus DKP-Mitgliedern besteht, erreichte bei den Wahlen in NRW 0,7 % der Stimmen.
General-Anzeiger, 5. 11. 1985

24. November 1985
Bombenanschlag auf US-Kaufhaus

Im Frankfurter Norden explodiert auf dem Gelände eines Supermarktes für die amerikanischen Streitkräfte eine Autobombe. Bei dem Anschlag werden 23 Personen verletzt, zwei von ihnen schwer. Dabei handelt es sich um 21 Amerikaner und zwei Deutsche, auch Kinder sind unter ihnen. Zudem entsteht ein Sachschaden von ca. 2 Mio. Mark.
Zeitung, München, 25. 11. 1985

2. Dezember 1985
Internationaler Terrorismus

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, daß die deutsche „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF), die französische „Action directe“ (AD) und die belgischen „Kämpfenden Kommunistischen Zellen“ (CCC) offensichtlich in einem losen Verbund und in wechselnden Kooperationen Sprengstoffanschläge auf Banken, Rundfunksender und NATO-Anlagen verüben. So deute alles darauf hin, daß sich Terroristen unterschiedlicher Herkunft die 816 Kilogramm Plastiksprengstoff teilten, die 1984 im belgischen Ecaussines entwendet wurden, da der Stoff später in Paris, Brüssel und Frankfurt explodierte.
Der Spiegel, 49/1985, S. 20, vgl. auch 6/1985, S. 20/21

15. Dezember 1985
Rote-Armee-Fraktion (RAF)

Die französische „Action directe“ (AD) und die RAF veröffentlichen ein gemeinsames Kommuniqué „für die Einheit der Revolutionäre in Westeuropa“, in dem sie die Gründung einer „Einheitsfront zur Bekämpfung des NATO-Imperialismus“ ankündigen.
APuZ, 31.01.1987

19. Dezember 1985
Revolutionäre Zellen (RZ)

Die RZ verüben einen Brandanschlag auf die Produktions- und Lagerhallen der Firma Brüggemann und Brand in Wettern-Wengern (NRW). Es entsteht ein Sachschaden von 8 bis 10 Mio. DM. Ein weiterer Anschlag wird gegen einen LKW der Fahrzeugwerke Lueg in Bochum verübt. Beide Firmen unterhalten Geschäftskontakte mit Südafrika.
APuZ, 31. 1. 1987

30. Dezember 1985
Internationaler Terrorismus

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, daß die Verbindungen zwischen der „Roten-Armee-Fraktion“ (RAF) und den belgischen „Kämpfenden Kommunistischen Zellen“ (CCC) älter seien, als das Bundeskriminalamt (BKA) bisher angenommen habe. Demnach beschaffen die beiden Untergrundorganisationen nicht nur seit eineinhalb Jahren zusammen Sprengstoff für Attentate, sondern unterhalten seit langem auch gemeinsam konspirative Wohnungen. Nach neuesten Erkenntnissen währt die Terrorlogistik mindestens schon acht Jahre.
Der Spiegel, 1/1986, S. 12

Zusammengestellt von Hans-Helmuth Knütter und Alexander Helten

Abkürzungen der Literaturangaben

AL = Michael Bühnemann u. a. (Hg.): AL. Die Alternative Liste Berlin. Berlin 1984
APuZ = Aus Politik und Zeitgeschichte
Backes = Uwe Backes / Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1996
BPA-Bulletin = Bulletin des Bundespresseamtes (Bonn)
Schlomann = Friedrich W. Schlomann: Die Maulwürfe. Berlin 1994

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