Das Jahr 1980

6. Januar 1980
RZ-Anschlag

Zu einem Sprengstoffanschlag auf die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg bekennen sich die „Roten Zellen“ (RZ).
Verfassungsschutzbericht 1980, S. 109

23. März 1980
Sprengstoffanschlag der „Revolutionären Zellen“

Zu einem Sprengstoffanschlag auf das Bundesarbeitsgericht in Kassel bekennen sich die „Revolutionären Zellen“.
Verfassungsschutzbericht 1980, S. 109

5. Mai 1980
Terroristinnen in Paris verhaftet

In einer Pariser Wohnung werden fünf junge Frauen festgenommen, von denen drei durch die Zielfahnder des BKA als Sieglinde Hofmann, Ingrid Barabass und Regina Nicolai identifiziert werden (die beiden anderen Frauen werden von ihren Eltern als Carola Magg und Karin Kamp-Münnichow identifiziert). Sieglinde Hofmann, 1978 in Jugoslawien festgenommen und wieder freigelassen, wurde u. a. im Zusammenhang mit dem Züricher Banküberfall, bei dem Wagner gefaßt wurde, gesucht. Die aus der DDR stammende Barabass war im April 1977 mit Christian Möller wegen Beteiligung an einem schweren Raubüberfall auf die Kasseler Sparkasse festgenommen worden, wurde mangels Beweisen freigelassen und ging daraufhin in den Untergrund. Sie war für die „Bewegung 2. Juni“ tätig und soll an der Entführung des Wiener Textilfabrikanten Palmers beteiligt gewesen sein. Beide waren bei ihrer Festnahme bewaffnet.
Archiv der Gegenwart 1980, S. 23554, Abs. 7

6. Mai 1980
Schwere Ausschreitungen in Bremen bei öffentlichem Gelöbnis von Bundeswehrsoldaten

Außerhalb des Weserstadions kommt es während des Gelöbnisses von Bundeswehrsoldaten zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, bei denen 257 Polizeibeamte, ein Soldat und mindestens 50 Demonstranten zum Teil erheblich verletzt werden. Zuvor haben linke Gruppen wie etwa die Jung­sozialisten, der DGB, Schülervertretungen, Alternative und Grüne Liste zu einem „Friedensfest“ aufgerufen, das als Gegenkundgebung zum Gelöbnis im Weserstadion gedacht ist und an dem sich rund 4.000 Personen beteiligen. Gewalttätige Gruppen des KBW und der Atomkraftgegner, die auf rund 2.000 Personen geschätzt werden, nutzen die Gelegenheit, um den Sicherheitskräften eine Straßenschlacht zu liefern, bei der u. a. Bundeswehrfahrzeuge umgestürzt und angezündet werden. Der angerichtete Sachschaden wird auf mehrere 100.000 DM geschätzt.
Archiv der Gegenwart 1980, S. 23538 A

15. Mai 1980
RZ-Anschlag

Zu einem Brandanschlag auf das Kommunikationszentrum des Deutsch-Amerikanischen Clubs in Osterholz-Scharmbeck bekennen sich die „Revolutionären Zellen“.
Verfassungsschutzbericht 1980, S. 109

2. Juni 1980
„Bewegung 2. Juni“ schließt sich der RAF an

Mit einer schriftlichen Erklärung, die vom „2. Juni“ in verschiedenen Städten verbreitet wird, erklärt die „Bewegung 2. Juni“ ihren Anschluß an die RAF: „Wir lösen die Bewegung 2. Juni als Organisation auf und führen in der RAF – als RAF – den antiimperialistischen Kampf weiter.“
Verfassungsschutzbericht 1980, S. 108

13. Juni 1980
Sprengstoffanschlag der „Bewegung 2. Juni“

Die „Bewegung 2. Juni“ verübt einen Sprengstoffanschlag auf das Bezirksbauamt Berlin-Kreuzberg.
AL, S. 21

September 1980
RAF-Mitglieder in der DDR

Inge Viett und vier weitere RAF-Mitglieder reisen in die DDR, um mit dem MfS über logistische Unterstützung, insbesondere die Lieferung von Waffen und Sprengstoff, zu verhandeln. Angeblich fordern die MfS-Vertreter, nicht vom DDR-Gebiet aus zu „operieren“.
Schlomann, S. 44 f.

5. September 1980
Verurteilung von zwei RAF-Mitgliedern

Der Vierte Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf verurteilt Christoph Wackernagel und Gerd Richard Schneider wegen versuchten Mordes an drei niederländischen Polizisten in Tateinheit mit der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu je 15 Jahren Freiheitsstrafe. Wackernagel und Schneider waren am 11. November 1977 in Amsterdam nach einer Schießerei mit niederländischen Polizisten festgenommen und im Oktober 1978 an die BRD ausgeliefert worden. Nach Erkenntnis des Oberlandesgerichts Düsseldorf seien beide nach wie vor gefährliche Mitglieder der Roten-Armee-Fraktion (RAF), deren terroristischer Charakter durch bewaffneten, gewalttätigen Kampf gegen die Rechtsordnung erwiesen sei. Es sei geltende Vereinbarung in der RAF, daß sich deren Mitglieder bei Festnahmeversuchen durch die Polizei „den Fluchtweg gegebenenfalls auch durch tödlichen Schußwaffengebrauch freizukämpfen“ hätten. Daher könne man sicher sein, daß RAF-Mitglieder jederzeit bewaffnet und auf Polizisten zu schießen bereit seien. Die bislang blutigste Spur habe die RAF am 5. September 1977 beim Überfall auf Hanns Martin Schleyer und dessen Begleiter in Köln hinterlassen. Wackernagel und Schneider hätten der RAF spätestens seit August/Oktober 1977 angehört. Schneider sei damals, nachdem er sich Waffen beschafft hatte, in Basel mit Christiane Kuby in den Untergrund gegangen. Wackernagel sei in einer konspirativen Wohnung mit Knut Folkerts und Susanne Albrecht nach der Attentatswelle gegen Siegfried Buback, Jürgen Ponto und Hanns-Martin Schleyer untergetaucht. Alle hätten mit dem 1979 in Zürich gefaßten Rolf Clemens Wagner in Verbindung gestanden, der im September 1977 in Amsterdam eine Wohnung angemietet und damals mit Friederike Krabbe zusammengelebt habe. Von der Wohnung in Hannover aus sei der Sprengstoffanschlag auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe vorbereitet worden. Schneider habe Verbindungen zu Brigitte Mohnhaupt und anderen Terroristen gehabt, die Ende 1977 in den Irak untergetaucht waren. Von dort habe er als Kurier Weisungen für die in der BRD im Untergrund lebenden RAF-Mitglieder mitgebracht. Das Oberlandesgericht entspricht in seinem Urteil nicht dem Antrag der Bundesanwaltschaft auf lebenslange Freiheitsstrafe, sondern verhängt jene Zeitstrafe, die nach niederländischem Strafrecht als Höchststrafe für die gleichen Verbrechen gilt.
Archiv der Gegenwart 1980, S. 23829 A

24. September 1980
Konflikt um Hausbesetzungen in Berlin

Der Delegiertenrat der „Berliner Alternativen Liste“ diskutiert die zugespitzte Lage um ca. 20 illegal besetzte Wohnhäuser in Kreuzberg und beschließt, „daß, wenn es zur Räumung durch die Polizei kommt, alles, was Beine hat, mobilisiert wird und geeignete Kampfschritte unternommen werden“.
AL, S. 22

26. September 1980
Verurteilung von Rolf Clemens Wagner

Das in Winterthur tagende Geschworenengericht des Kantons Zürich verurteilt den nach einem Banküberfall in Zürich am 19. 11. 1979 verhafteten Rolf Clemens Wagner zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Die Geschworenen erkennen Wagner des Mordes, des fortgesetzten Mordversuchs, des Raubes, der Gefährdung des Lebens, der Erpressung, der fortgesetzten Nötigung, der fortgesetzten Gewalt und Drohung gegen Beamte und einiger weiterer Punkte für schuldig. Bestraft werden damit der Raubüberfall, den vier Mitglieder der Roten-Armee-Fraktion, von denen drei noch flüchtig sind, am 19. 11. 1979 auf die Schweizerische
Volksbank in Zürich begangen hatten, und die anschließenden Schießereien während der Flucht der Täter, bei denen eine Frau getötet und eine weitere sowie zwei Polizisten verletzt worden waren. Das Gericht folgt mit seinem Urteil den Anträgen des Staatsanwalts und verhängt über Wagner außerdem das nach der Strafverbüßung wirksam werdende Verbot, 15 Jahre das Gebiet der Schweiz ohne behördliche Genehmigung zu betreten.
Archiv der Gegenwart 1980, S. 23906 B

5. Dezember 1980
RZ-Anschlag

Ein Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der „Gesellschaft für Reaktorsicherheit“ in Köln mit einem Sachschaden von über einer Million DM wird den „Revolutionären Zellen“ zugerechnet.
Verfassungsschutzbericht 1980, S. 110

12. Dezember 1980
Konflikt um Hausbesetzungen in Berlin

Die Berliner Polizei verhindert eine weitere illegale Hausbesetzung. Bei den darauffolgenden Straßenschlachten werden zahlreiche Personen verletzt und mehrere „Instandbesetzer“ verhaftet. Drei Tage später findet eine Demonstration für die Freilassung der Verhafteten statt, die wieder in Gewalttätigkeiten mündet.
AL, S. 22 f., 64 f., 82 f.

Zusammengestellt von Hans-Helmuth Knütter und Alexander Helten

Abkürzungen der Literaturangaben
AL = Michael Bühnemann u. a. (Hg.): AL. Die Alternative Liste Berlin. Berlin 1984
APuZ = Aus Politik und Zeitgeschichte
Backes = Uwe Backes / Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1996
BPA-Bulletin = Bulletin des Bundespresseamtes (Bonn)
Schlomann = Friedrich W. Schlomann: Die Maulwürfe. Berlin 1994

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