Kritik des Parteiverbotssurrogats Teil 11

Kritik des Parteiverbotssurrogats Teil 11: Verfassungsschutzgeschützter Parteienstaat als Demokratie-Relativierung: Glauben die bundesdeutschen „Demokraten“ noch an die Demokratie?

Josef Schülburner

Auf den Einzug der Oppositionspartei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in den Deutschen Bundestag (nach zahlreichen Einzügen in Landtage der Bundesländer) reagieren „Demokraten“ von CSU bis SED („Linke“) mit der Parole, daß diese Oppositionspartei von 87% der Wähler nicht gewählt worden wäre. Die Tatsache, daß etwa auch 80% die SPD nicht gewählt haben (bei Einbeziehung der Nichtwähler würde sich noch ein dramatischerer Prozentsatz ergeben), wird dagegen nicht hervorgehoben, was besagt: Eigentlich ist es doch egal, ob CSU, SPD oder Grüne gewählt werden, so groß sind da die Unterschiede nicht – nur wenn „rechts“ gewählt wird, ist dies nach der Demokratiekonzeption bundesdeutscher Links-Demokraten völlig anders. Dies macht deutlich, daß sich der Parteienstaatsdoktrin entsprechend die etablierten Parteien unter Einschluß der als KPD besatzungsrechtlich lizensierten „Linken“ längst als virtuelle Einheitspartei verstehen mit einem ideologisierten „Grundgesetz“ als (Über-) Parteiprogramm. Mit dieser virtuellen Einheitspartei, einem realen Kartellparteisystem mit Tendenzen zu einem Blockparteiensystem, verwandeln sich Parteien, die einst Instrument zur Verwirklichung der Demokratie waren, in Herrschaftsinstrumente über die Wähler.

Deshalb eröffnet der Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag und in Landtage nach über 50 Jahren erstmals die Chance repräsentativer Parlamente in der Bundesrepublik Deutschland. Von entscheidender Demokratierelevanz ist doch, daß diese Partei das Potential hat, 30% der Wähler zu gewinnen und dies zwingt die etablierten Parteien, sich doch der Volkssouveränität zu unterwerfen. Die Hetzparolen von „Demokraten“ gegen ungewollte Opposition wie „Rechtspopulismus“, „Rechtsextremismus“ und noch Schlimmeres (was man in einem anderen Kontext wohl als „Volksverhetzung“ klassifizieren würde) haben anscheinend ihre Wirksamkeit eingebüßt. Durch die Erhöhung des Parteienwettbewerbs besteht nunmehr wieder die Chance, daß Parteien zum Instrument der Demokratie, also des Volkes werden und nicht demokratiewidrige Relativierungsinstrumente, die zunehmend an die Stelle der Volkssouveränität treten.

Eine umfassende Kritik des Parteienstaates hat in jüngster Zeit der Verfassungsjurist Hans Herbert von Arnim mit seinem jüngsten Buch „Die Hebel der Macht und wer sie bedient. Parteienherrschaft statt Volkssouveränität“ vorgelegt. An diese umfassende Kritik knüpft der vorliegende Beitrag am bundesdeutschen Parteienstaat an, stellt dabei aber den Komplex in den Vordergrund, dessen Behandlung v. Arnim schon immer konsequent vermieden hat, nämlich das in der vorliegenden Serie behandelte Parteiverbotssurrogat, welches auf der antiliberalen, d.h. antiwestlichen Parteiverbotskonzeption des Bundesverfassungsgerichts aufbaut, die in der Serie zur Parteiverbotskritik auf dieser Internetseite ausführlich behandelt ist.

Das von v. Arnim nicht behandelte Parteiersatzverbotssystem ist die wesentliche Beschränkung des Parteienwettbewerbs zur Herbeiführung nicht repräsentativer Parlamente in der Bundesrepublik Deutschland (gewesen?). Durch diese Marginalisierung von Opposition hat es das etablierte Parteiensystem geschafft, gegen den Mehrheitswillen der Deutschen und ökonomisch völlig sinnwidrig etwa die erfolgreiche DM abzuschaffen, um letztlich die deutschen Vermögenswerte zu „europäisieren“. Nach dem Wutausbruch einer protestantischen Kirchenfunktionärin zu schließen, wonach „Zwei deutsche Eltern, vier deutsche Großeltern“ für „Faschismus“ zu stehen scheinen („Da weiß man, woher der braune Wind wirklich weht“), konnte der Parteienstaat das fait accompli einer illegalen Masseneinwanderung durchsetzen, was wohl die den Deutschen abstammungsbedingt zugeschriebene Faschismusgefahr bannen soll und sich somit als parteienstaatliches Demokratieinstrument darzustellen scheint: Die vom Parteienstaat benötigte Demokratieverfremdung wird dabei überdeutlich.

Durch ihr antiparlamentarisches Verhalten gegenüber der neuen Oppositionspartei („keine Gespräche mit der AfD“) zeigen die bundesdeutschen Einheits-Demokraten, daß sie nicht mehr wirklich an die von ihnen verkündete Demokratie glauben, sondern es ihnen primär um die Kontrolle des Volks, ihrer „Bevölkerung“, durch die Instrumente des Parteienstaats geht. Diese „Demokraten“ nehmen ggf. Unregierbarkeit und damit Delegitimierung der parlamentarischen Demokratie in Kauf (ohne dafür in „Verfassungsschutzberichte“ aufgenommen zu werden). Das Dilemma der „Demokraten“ besteht darin, daß das dem Parteienstaat zugrunde liegende „eherne Gesetz der Oligarchie“ (Michels) eigentlich die rechte Weltsicht bestätigt, d.h. die Demokraten müssen sich rechts verhalten, um ihre linke Ideologie durchzusetzen. Dementsprechend fühlen sich die „Demokraten“ bedroht, wenn „Populisten“ ihre demokratischen Parolen aufgreifen, um sie gegen die virtuelle (ideologische) Einheitspartei des Parteienstaates zu richten. Aber allein dieser „Populismus“ ist die Möglichkeit, dem Demokratieprinzip gegen den Parteienstaat als Herrschaftsinstrument wieder Geltung zu verschaffen: Während sich „links“ Demokratie nur in Richtung „DDR“ gehend fortentwickeln läßt (maximale Beschränkung des Parteienwettbewerbs zur Begründung der Parteiherrschaft), kann „rechts“ immerhin die Normalisierung der parlamentarischen Demokratie versprechen und damit einen realistischen Demokratisierungsvorschlag machen.

Hinweis
Der vorliegende Beitrag stellt eine überarbeite Fassung eines Vortrags dar, den der Verfasser vor der Bundestagswahl 2017 in Schnellroda auf der Sommerakademie des Instituts für Staatspolitik gehalten hatte. Eine Zusammenfassung des Vortrags findet sich auch in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift Sezession

Der Vortrag stellt zudem eine wesentliche Ergänzung zum jüngsten einschlägigen Werk des Verfassers dar:

Josef Schüßlburner/Institut für Staatspolitik
»Verfassungsschutz«: Der Extremismus der politischen Mitte
Wissenschaftliche Reihe; 30 [Arbeitsgruppe 1: Staat und Gesellschaft]
62 Seiten, ermäßigt 5 Euro, ISBN: 978-3-939869-30-6, erhältlich hier

Der Verwirklichung einer »normalen Demokratie« in der Bundesrepublik Deutschland, die man daran erkennt, daß sie rechte Parteien und Gruppierungen in der gleichen Weise akzeptiert wie linke Gruppierungen oder solche der »Mitte«, steht der »Verfassungsschutz« entgegen. Wer eine »liberale Demokratie des Westens« in der Bundesrepublik Deutschland will, muß die den »Verfassungsschutz« tragende Konzeption zu überwinden suchen. Es gilt, dem Extremismus der Mitte entgegenzutreten: Die Bundesrepublik Deutschland muß endlich eine normale Demokratie werden! (Verlagsangabe)

“Verfassungsschutzgeschützter Parteienstaat als Demokratie-Relativierung: Glauben die bundesdeutschen „Demokraten“ noch an die Demokratie?”

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