Die Deutschen als Zielgruppe: Einflußnahme, Steuerung oder was? Das Einwirken westlicher Nachrichtendienste auf die Bundesrepublik
Bernd Kallina
Obwohl ein üblicher „Verfassungsschutzbericht“ ein Kapitel über Spionageabwehr enthält, das Einflußnahmen ausländischer Nachrichtendienste behandelt, wird dabei nachhaltig gegenüber dem als aufklärungsbedürftig angesehenen mündigen Bürger die Tätigkeit westlicher Geheimdienste verschwiegen. Und dies, obwohl vor allem hinsichtlich des wirtschaftlichen Schadens (Betriebsspionage) die Tätigkeit US-amerikanischer Nachrichtendienste sich nachteiliger darstellen dürfte als der durch russische Geheimdienste herbeigeführte Schaden.
Wie in neueren Veröffentlichungen dargestellt (s. insbesondere Josef Foschepoth, Überwachtes Deutschland. Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik, 2013), gilt gegenüber den ehemaligen westlichen Besatzungsmächten trotz der Souveränitätserklärung des 2 + 4-Vertrages immer noch ein Überwachungs- und Geheimdienstvorbehalt, der wohl auch die verschweigende Berichterstattung in sog. „Verfassungsschutzberichten“ erklärt.
Auch die bundesdeutsche Spionageabwehr darf wohl insofern gegenüber westlichen Freunden nicht tätig werden (weshalb es auch nichts zu berichten gibt). Dies gibt insbesondere den USA die Möglichkeit, die ursprünglich mit der Besatzungspolitik verfolgten Zielsetzungen, etwa die Marginalisierung der politischen Kräfte, die einst Deutschland zu einer maßgeblichen Macht gemacht hatten (Nationalliberale und Konservative), mit Geheimdienstmethoden (etwa bekämpfende Diffamierung als „Nazis“) fortzusetzen, zumal der Einsatz des Geheimdienstes ohnehin mehr eine Kriegsmaßnahme denn eine Polizeimaßnahme darstellt.
Der vorliegende Beitrag enthält diesbezüglich ein Interview mit dem prominenten ehemaligen amerikanischen UNO-Beamten, den Völkerrechtlicher und Historiker Alfred-Maurice des Zayas, welcher darin offenbart, daß er zweimal von der CIA ersucht worden ist, die seinerzeit maßgebliche Rechtspartei „Die Republikaner“ auszuspionieren. Als Zweck dieses geplanten Ausspionierens kann wohl, ohne dem Vorwurf einer „Verschwörungstheorie“ ausgesetzt werden zu können, vermutet werden, daß damit eine Zersetzung dieser für den US-Liberalismus unerwünschten deutschen Partei beabsichtigt war, da Zweck von „intelligence“ immer die Feindbekämpfung darstellt. Inwieweit die bewirkte Ausschaltung dieser Partei auf geheimdienstliche Maßnahmen der USA zurückzuführen sind, kann dahinstehen, da noch zurückgehend auf Zeiten der Besatzungsherrschaft, die zur Begründung des Bundesamtes für Verfassungsschutz als ursprünglich Hilfsorgan der Besatzungsmacht geführt hatte, den geheimdienstlichen Vorgaben der USA in der Bundesrepublik „gehorsamst“ entsprochen wird.
Es ist bezeichnend, daß diese Mitteilungen des genannten UNO-Beamten, welche ja im Jahr 2007 mit Veröffentlichung des Alternativen Verfassungsschutzberichts jeder, der es will zur Kenntnis nehmen konnte, von den bundesdeutschen Medien, die sich damit wieder als Lückenpresse qualifiziert haben, verschwiegen bzw. beschwiegen worden sind. Auch in den durchaus umfangreichen Wikipedia-Eintragungen (in deutsch und englisch) über Professor de Zayas finden sich dazu keine Hinweise. Offenbar ist den maßgeblichen Medienaktivisten – wie auch dem bundesdeutschen „Verfassungsschutz“ – die Beeinträchtigung der Chancengleichheit deutscher Parteien durch westliche Geheimdienste kein Problem. Die Demokratiekonzeption dieser besonderen bundesdeutschen Demokraten geht wohl dahin, daß die USA als Demokratiemacht eine Beeinträchtigung des Verfassungsprinzips des Mehrparteiensystems gegenüber den dem Nazismus anfälligen Deutschen schon tun dürfen. Als bundesdeutscher „Demokrat“ ist man ja für die Abschaffung des Nationalstaates durch Europäisierung und Internationalisierung: Man will natürlich nicht erkennen, daß diese letztlich auf die Besatzungszeit zurückgehende Mentalität ausländischen Geheimdiensten eine größere Wirksamkeit verschafft. Was dann amtlich verschwiegen werden muß.
Hinweis
Beim vorliegenden Text handelt es sich um die unveränderte Fassung des Kapitels C. I. des Sammelbandes: Was der Verfassungsschutz verschweigt. Bausteine für einen Alternativen Verfassungsschutzbericht von 2007. Der vorliegende Beitrag ist in der Buchausgabe dieses Alternativen Verfassungsschutzberichts auf den Seiten 335 bis 361 zu finden. Zu Recht ist in einem Kommentar in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Sezession zu diesem Buch festgestellt worden:
„Was der Verfassungsschutz verschweigt, sind weniger die geschredderten Listen mit V-Leuten im Fall des sogenannten NSU als vielmehr die gar nicht erstellten Listen von Politikern, die gerade aktiv dabei sind, die Verfassung abzuschaffen. Wer den Verfassungsschutz einmal unvoreingenommen betrachtet, sollte unschwer auf ein merkwürdiges Mißverhältnis stoßen:
Die Behörde verwendet ihre gesamte Kraft darauf, Gruppierungen zu beobachten und zu stigmatisieren, die nicht in der Lage sind, die Verfassung abzuschaffen. Womit sie sich nicht beschäftigt, sind diejenigen, die es aufgrund ihrer Machtposition tun können und derzeit auch tun. Diese mehr als unterschätzte Gefahr ist der Grund, warum Josef Schüßlburner und Hans-Helmuth Knütter vor 12 Jahren einen Alternativen Verfassungsschutzbericht erstellt haben, der in der Frage mündet, ob der Verfassungsschutz nicht selbst verfassungswidrig sei oder wenigstens seiner eigentlichen Pflicht nicht nachkomme. Die Antwort lautet: ja.
Vollständig ausgeblendet werden in den VS-Berichten, die normale Demokratien nicht kennen, verfassungsfeindliche Positionen und entsprechendes Verhalten der etablierten politischen Kräfte. Diese einseitige Darstellungsweise der amtlichen VS-Berichte wird durch den bei amtlicher Verwendung rechtsstaatswidrigen Begriff des „Extremismus“ herbeigeführt, der vermittels seines primär gegen politische Ideologien gerichteten Charakters unterstellt, daß etablierte politische Kräfte aufgrund ihrer weltanschaulichen Position, die stillschweigend von Staats wegen als gut und positiv eingestuft wird, von vornherein nicht verfassungsfeindlich sein können. Diese Annahme – das sollte spätestens die ESM-Debatte gezeigt haben – ist offensichtlich falsch. Im Alternativen VS-Bericht zeigen die Autoren daher, daß es aus den etablierten politischen Kräften unter anderem Bestrebungen gegen
- die freiheitliche demokratische Grundordnung als rechtsstaatliche Herrschaftsordnung,
- das Selbstbestimmungsrecht des Volkes und die Volkssouveränität,
- die Verantwortlichkeit der Regierung,
- die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung,
- die Unabhängigkeit der Gerichte und
- die Gewaltenteilung gibt.
Der Alternative VS-Bericht wurde vom Institut für Staatspolitik veröffentlicht und umfaßt 580 Seiten. Die einzelnen teilweise fortgeschriebenen Kapitel dieses mittlerweile ausverkauften Werkes können auf dieser Internetseite www.links-enttarnt.de unter der Rubrik „Alternativer Verfassungsschutz“ heruntergeladen werden.