Das Jahr 1987

1987
„Anarcho-syndikalistische“ und „anarcho-kommunistische“ Gruppen

Die „Freie Arbeiter-Union“ kooperiert weiterhin mit der anarcho-syndikalistischen „Internationalen Arbeiter-Assoziation“ (IAA). Sie verstehen sich als Zentrum einer „breiten sozial-revolutionären Bewegung“, die für eine „herrschaftslose, ausbeutungsfreie, auf Selbstverwaltung begründete Gesellschaft“ eintritt. Durch direkte Aktionen in Betrieben wie Fabrikbesetzung, Streiks und Sabotageakte wollen die 20 Ortsgruppen ihre Forderungen von „Antistaatlichkeit, Antiparlamentarismus, Antimilitarismus“ durchsetzen. Die verschiedenen anarcho-kommunistischen Gruppen propagieren eine gewaltsame Zerschlagung des kapitalistischen „Systems“.
Verfassungsschutzbericht 1987

1987
Anarchistische „Gewaltfreie Gruppen“

Mit Hilfe der „Graswurzelrevolution“ und mit „massivem zivilen Ungehorsam“ versuchen die ca. 70 „Aktionsgruppen“ der anarchistischen „Graswurzelbewegung“, den „staatlichen Herrschafts- und den Gewaltapparat“ zu beseitigen und eine anarchistische Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung aufzubauen. Durch „zivilen Ungehorsam“ und gewalttätige Mittel sollen die bestehenden Herrschaftspositionen des Staates von unten her zerstört werden. Die Kooperationsstelle „Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen“ (FöGA) rief im Frühjahr zu Sabotageakten gegen die NATO-Stabsrahmenübung WINTEX/CIMEX auf.
Verfassungsschutzbericht 1987

1987
Revolutionäre Zellen (RZ)/Rote Zora (Frauenorganisation)

Im Jahre 1987 zeigen die RZ mit ihrer Frauenorganisation wieder verstärkt Aktivitäten. Von den insgesamt 17 verübten Anschlägen gehen 10 auf das Konto der Roten Zora. Sie versuchen damit gegen die Arbeitssituation von Frauen in Produktionsstätten der Textilindustrie in Sri Lanka und Südkorea anzugehen. Schwerpunkt dieser Anschlagsserien ist das deutsche Bekleidungsunternehmen Adler. So fallen am 21. 6. 1987 die Produktionsstätte in Haibach sowie am 15. 8. 1987 neun Filialen im ganzen Bundesgebiet Anschlägen zum Opfer. Schwerpunktthema der Männerorganisation RZ ist auch dieses Jahr wieder das Themenfeld der Flüchtlings- und Asylantenpolitik. Hiervon betroffen sind die Gebäude der zentralen Sozialhilfestelle für Asylbewerber in Berlin sowie eine Außenstelle des Bundesamtes für Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Dortmund. Wie auch in den Jahren zuvor soll so eine von einer sozialen Bewegung getragene Revolution entstehen. Erstmalig beschränkt sich die RZ in diesem Jahrzehnt nicht auf Sprengstoff- und Brandanschläge, sondern geht auch zu körperlicher Gewalt gegen Repräsentanten des Staates über, was auf eine höhere Gewaltbereitschaft schließen läßt. Am 1. 9. 1987 schießen Mitglieder der RZ dem Vorsitzenden Richter des für Asylangelegenheiten zuständigen Senats am Bundesverwaltungsgericht in die Beine. Die RZ schließt in der jetzigen „vorrevolutionären Phase“ Mordanschläge im Gegensatz zur RAF aus, da sie nicht vermittelbar und somit kontraproduktiv wirken. Der Kommandobereich der RZ umfaßt nach Schätzungen ca. 15–20 Personen, von denen auch künftig terroristische Gewaltaktionen zu erwarten seien.
Verfassungsschutzbericht 1987

21. Februar 1987
Festnahme von Terroristen der „Action directe“ (AD)

Der französischen Polizei gelingt mit der Verhaftung des Führungs-Quartetts der linksextremen „Action directe“ (AD) ein wichtiger Schlag gegen den französischen und internationalen Linksterrorismus. Bei der Verhaftung werden Sprengstoffe, Waffen, falsche Ausweise und weitere Papiere gefunden, die eine enge logistische Zusammenarbeit zwischen AD und der „Roten-Armee-Fraktion“ (RAF) belegen. Vor allem an dem verhafteten Georges Cipriani (35), der als der entscheidende Verbindungsmann zur RAF gilt und eventuell an dem Anschlag auf den amerikanischen militärischen Teil des Frankfurter Flughafens vom 8. 8. 1985 beteiligt war, hat auch das Bundeskriminalamt (BKA) Interesse.
Der Spiegel, 10/1987, S. 142 f., und 11/1987, S. 128 f.

5. März 1987
Verurteilung von Ingrid Barabass

Die RAF-Aktivistin Ingrid Barabass wird in Frankfurt a. M. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Nach Zeugenaussagen soll sie ein wichtiges Bindeglied in der deutsch-französischen Terrorszene gewesen sein. So nahm sie z. B. an dem internationalen Treffen von Terror-Sympathisanten am 6. 1. 1985 in Paris teil.
Der Spiegel, 11/1987, S. 128 f.

29. April 1987
Anschläge auf Deutsche Bank

Auf fünf Zweigstellen der Deutschen Bank in Berlin werden Anschläge verübt, durch die erheblicher Sachschaden entsteht und zu denen sich „Autonome“ bekennen.
Handelsblatt, 9. 9. 1987

7. Juli 1987
„Revolutionäre Viren“

Bei einem Brandanschlag auf die Asylstelle des Berliner Einwohnermeldeamtes werden rund 4500 Asylbewerber-Akten vernichtet; es entsteht ein Sachschaden von mindestens fünf Millionen Mark. Wenige Stunden nach dem Anschlag rühmt sich mit der Forderung, „ganz Berlin zu einer Fluchtburg für Flüchtlinge“ zu machen, eine Gruppe „Revolutionäre Viren“ der Tat.
Der Spiegel, 29/1987, S. 71

1. September 1987
Anschlag auf Bundesrichter
Auf den 61jährigen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht, Günther Korbmacher, wird in Berlin ein Anschlag verübt. Auf dem Weg von seinem Wohnhaus in die Garage wird er durch zwei Schüsse der vorbeifahrenden Täter am Unterschenkel verletzt. In einem fünfseitigen Schreiben bekennen sich die „Revolutionären Zellen“ (RZ) zu dem Anschlag. Der für Asylverfahren zuständige Richter wird darin als „Schreibtischtäter“ und als verantwortlich für die Folter und den „drohenden Tod“ abgelehnter Asylbewerber bezeichnet.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. 9. 1987; Die Welt, Bonn, 3. 9. 1987

5. September 1987
Anschlag auf Asylbehörde

Auf die Außenstelle des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Dortmund wird ein Brandanschlag verübt, durch den eine Vielzahl von Asylverfahrensakten vernichtet wird. An die Gebäudewand sprühen die Täter das Zeichen „RZ“ – das Symbol der „Revolutionären Zellen“.
Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung, München, 7. 9. 1987

8. September1987
Anschlag auf Berliner Bank

Auf eine Filiale der Deutschen Bank in Berlin wird ein Brandanschlag verübt, durch den ein Sachschaden von mehreren 100.000 Mark entsteht. In einem Brief an den „Tagesspiegel“ bezichtigen sich „Autonome Zellen“ als Täter.
Süddeutsche Zeitung, München, 10. 9. 1987; Handelsblatt, 9. 9. 1987

11. September 1987
10. Brandanschlag auf Firma Adler

Auf die Berliner Filiale der Textilfirma Adler wird ein Brandanschlag verübt. Es ist bereits der 10. Anschlag auf ein Geschäft des Bekleidungskonzerns innerhalb eines Monats. Der Schaden beläuft sich nun insgesamt auf rund 35 Mio. Mark. In einem Schreiben bekennen sich erneut die „Amazonen – Schwestern der Roten Zora“ zu dem Anschlag, die darin nochmals die Verbesserung der Zustände in dem Zweigwerk in Südkorea fordern. Die Geschäftsleitung der Firma erklärt nun nach dem 10. Anschlag: „Das Unternehmen beugt sich der Gewalt terroristischer Gruppen.“ Alle Forderungen der Attentäter sollen erfüllt werden: Die zwölf entlassenen Arbeiterinnen ihres Zweigwerkes in Südkorea sollen wieder eingestellt werden, freie Betriebsratswahlen stattfinden und der Gesamtlohn im Laufe des Jahres um knapp ein Viertel erhöht werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung und die tageszeitung, 12. 9. 1987

27. September 1987
Brandsätze in der Nähe der Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf

Gewalttätige Kernkraftgegner entzünden in der Schaltzentrale eines Betonwerks nahe dem Baugelände der Wiederaufbereitungsanlage (WAA) Wackersdorf mehrere Brandsätze. Es entsteht ein Sachschaden in Millionenhöhe.
Stuttgarter Zeitung, 29. 9. 1987

28. September 1987
Anschlag auf Bundesbahnstrecke

Auf zwei schwere Baustellenfahrzeuge an der Bundesbahn-Neubaustrecke Hannover-Würzburg im Göttinger Stadtgebiet wird ein Brandanschlag verübt, der einen Sachschaden von 200.000 Mark verursacht. In einem Brief, der am Tatort zurückgelassen wird, bekennt sich ein „Antifaschistisches Kommando Günter Sare“ zu dem Anschlag. Günter Sare war 1985 bei einer Demonstration in Frankfurt von einem Wasserwerfer der Polizei überrollt und dabei getötet worden.
Stuttgarter Zeitung, 29. 9. 1987

Herbst 1987
DKP-MO-Leiter geht in die DDR

Der langjährige Leiter der vom MfS finanzierten konspirativen Militärorganisation (MO) der DKP, Harry Schmitt, verzieht von Frankfurt/M. nach Ostberlin.
Schlomann, S. 42

2. Oktober 1987
Anschlag auf Magnetbahn gescheitert

Ein Brandanschlag auf die 1.600 Meter lange Berliner Magnetbahn scheitert, weil die Attentäter offenbar gestört werden. Die Terroristen hatten im Endbahnhof der 50-Millionen-Anlage, die sich direkt gegenüber der Philharmonie befindet, etwa 200 Liter eines hochbrisanten Benzin-Öl-Gemisches ausgeschüttet, das aber nicht zündete. In einem Schreiben bekennt sich eine Gruppe „Die ,low techniker‘ im Widerstand“ zu dem Anschlagsversuch. Zudem kündigt sie in dem Schreiben eine Wiederholung an. Bereits am 18. 4. dieses Jahres wurde ein Anschlag auf die Magnetbahn verübt, bei dem zwei der vier Bahnwaggons in Flammen gesetzt wurden und ein Schaden von 5 Mio. Mark entstand. „Autonome Gruppen“, die sich der Tat bezichtigten, begründeten den Anschlag damit, daß die Magnetbahn ein Prestigeobjekt der 750-Jahr-Feier sei.
Die Welt, Bonn, 5. 10. 1987; Der Tagesspiegel, Berlin-West, 3. 10. 1987, 7. 10. 1987

13. Oktober 1987
Teilnahme von Exterroristen an einer Fraktionssitzung der Grünen

In Bonn findet eine öffentliche Fraktionssitzung der Grünen statt, an der auch die Exterroristen Astrid Proll (1979 aus der Haft entlassen) und Christoph Wackernagel (wird im November 1987 entlassen) teilnehmen. Zur Diskussion steht eine große Anfrage der Grünen im Bundestag zum Thema „Zehn Jahre danach – offene Fragen und politische Lehren aus dem Deutschen Herbst“. Die Parlaments­initiative will die gegenseitige Sprachlosigkeit überwinden. Sie zielt darauf ab, daß eine Gesellschaft, deren Zustand den Terrorismus hervorgebracht hat, auch verantwortlich ist und Wege öffnen muß für jene, die aus dieser mörderischen Szenerie schon zurückgefunden haben oder heute nach einer solchen Möglichkeit suchen. Geplant sind Vorschläge für eine Teilamnestie oder für eine Gesetzes­initiative, mit der ein Strafmilderungsgrund für Aussteiger geschaffen werden könnte. Die Grünen fordern außerdem, alle Sonderhaftbedingungen für RAF-Gefangene aufzuheben. Hochsicherheitstrakte sollen aufgelöst und die Häftlinge aus der Terrorszene in den normalen Strafvollzug eingegliedert werden. Über einige provokante Aussagen der Sprecherin der Grünen, Jutta Ditfurth, entbrennt während der Sitzung jedoch ein heftiger innerfraktioneller Streit. So sagt Frau Ditfurth z. B.: „Dieser Staat brauchte und braucht wieder fast nichts so sehnsüchtig wie den ,Terror‘, den Schrecken.“ Obwohl die Aussagen von Jutta Ditfurth in
der Fraktion auf Ablehnung stoßen, äußern andere Parteien den Verdacht der „Terrorkumpanei“. In der Folgezeit bemühen sich grüne Bundestagsabgeordnete auch um einen direkten Dialog mit RAF-Häftlingen.
Der Spiegel, 43/1987, S. 85 f., und 44/1987, S. 20 f., 12/1988, 33/1988

14. Oktober 1987
Bombenanschlag auf Polizeibeamten

Auf den Leiter des Sondereinsatzkommandos (SEK) der Berliner Polizei, Polizei­oberrat Martin Textor (42), wird ein Bombenanschlag verübt. Textor bleibt unverletzt, es entsteht erheblicher Sachschaden. Die Täter hinterlassen Flugblätter mit der Aufschrift „Rache für die Knüppeleinsätze der faschistischen West-Berliner SEK-Bullen in Wackersdorf“. Sie sind mit einem fünfzackigen Stern versehen, einem schon häufig von den „Revolutionären Zellen“ benutzten Zeichen. Das Sondereinsatzkommando Textors war allerdings am Einsatz in Wackersdorf nicht beteiligt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung und Die Welt, Bonn, 15. 10. 1987

19. Oktober 1987
RAF-Sympathisanten überfallen Teilnehmer einer Diskussionsveranstaltung

15 bis 20 vermummte Sympathisanten der „Roten-Armee-Fraktion“ (RAF) dringen in einen Hörsaal der Universität Karlsruhe ein, in dem eine Diskussionsveranstaltung stattfindet. Mehrere Teilnehmer, darunter der frühere hessische Umweltminister Joschka Fischer und der Herausgeber der Frankfurter Alternativ-Zeitschrift „Pflasterstrand“, Daniel Cohn-Bendit, werden mit Buttersäure bespritzt und mit Stockhieben mißhandelt. Die Gruppe entkommt unerkannt und hinterläßt Flugblätter, auf denen u. a. die Zusammenlegung der RAF-Häftlinge gefordert wird. An der Veranstaltung, auf der Fischer und Cohn-Bendit ihre neuen Bücher vorstellen, nehmen ca. 500 Personen teil.
Die Welt, Bonn, 21. 10. 1987

1. November 1987
Anschlag auf Rewe-Lebensmittelkette

Auf das Zentrallager der Lebensmittelkette Rewe in Wesel wird ein Brand- und Sprengstoffanschlag verübt, durch den ein Sachschaden von mindestens 4 Mio. Mark entsteht. Menschen werden nicht verletzt, da sich zur Zeit des Anschlags um vier Uhr morgens niemand auf dem Gelände aufhält. In einem zweiseitigen Brief bekennen sich die „Revolutionären Zellen“ (RZ) zu der Tat. Darin heißt es, der Anschlag diene der Solidarität mit dem „Befreiungskampf der schwarzen Männer und Frauen in Südafrika“. Die Bekenner wiederholen dabei ihre schon an die Lagerhallen gesprühte Parole „Südafrikanische Ware raus aus den Regalen“. Sonderangebote von Lebensmitteln aus Südafrika, so das Schreiben, seien das Produkt von Frauenarbeit unter „Bedingungen von kapitalistischer und sexistischer Unterdrückung“.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. 11. 1987 und 3. 11. 1987

3. November 1987
Polizistenmorde bei „Autonomen“-Demo

Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, eskaliert am sechsten Jahrestag der Räumung des Hüttendorfs, in dem die Gegner der Startbahn West 1980 ihren Widerstand begonnen hatten, eine Demonstration von Vermummten und terroristischen Gewalttätern des „Schwarzen Blocks“ zu „einer neuen Stufe in der Geschichte des Verhältnisses von Gewalt und Demonstrationen“. Erstmals werden in der Bundesrepublik aus einer Demonstration heraus Polizisten erschossen. Die Polizisten Klaus Eichdörfer (44) und Torsten Schwalm (23) werden bei dem „ökologischen Bürgerkrieg“ durch Pistolenschüsse getötet, zwei weitere Beamte durch Schüsse in Brust und Oberschenkel verletzt. Dringend tatverdächtig ist der Frankfurter Werbegraphiker Andreas Eichler (33), bei dem die Beamten die Tatwaffe, eine Polizeipistole, die Vermummte im November 1986 in Hanau einem Kripo-Beamten aus dem Halfter entrissen hatten, und andere Beweismittel finden.
Der Spiegel, 46/1987, S. 17 ff., und 47/1987, S. 27 ff.

5. November 1987
„Sägende Zellen“

Wie die Frankfurter Neue Presse berichtet, ist eine Säge im RAF-Stern das Kennzeichen von linken kriminellen Gruppierungen, die unter dem Namen „Sägende Zellen“ bundesweit Strommasten fällen. Sie kämpfen mit ihren Sägeaktionen gegen Energieversorgungsunternehmen, denen sie Umweltverschmutzung vorwerfen. Die „Sägenden Zellen“, die „Aktion Heimwerker“ und andere radikale „autonome“ Gruppen verüben seit 1981 Anschläge auf Strommasten der deutschen Energieversorgungsunternehmen. In diesem Jahr wurden bereits 76 derartige Anschläge verübt.
Frankfurter Neue Presse, 5. 11. 1987

11. Dezember 1987
Verfahren gegen RAF-Sympathisanten

Gegen sechs Personen, die Mitte Oktober in Bonn zu einer Demonstration für die Häftlinge der „Roten-Armee-Fraktion“ (RAF) in Stuttgart-Stammheim aufgerufen hatten, läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Werbung für eine terroristische Vereinigung. Die sechs, von denen fünf vermummt aufgetreten waren, hatten sich ohne weitere Zuordnung als „revolutionärer Widerstand in der BRD“ bezeichnet. Bei einer Person handelt es sich um Marta Barabass, die Mutter der in Stammheim inhaftierten und wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilten Ingrid Barabass.
Die Welt, Bonn, 11. 12. 1987

Dezember 1987
Festnahme der Schriftstellerin Ingrid Strobl

Im Zusammenhang mit dem Anschlag auf das Verwaltungsgebäude der Lufthansa in Köln am 28. 10. 1986, zu dem sich die „Revolutionären Zellen“ (RZ) bekannt hatten, wird die feministische Schriftstellerin und vormalige „Emma“-Redakteurin Ingrid Strobl (35) festgenommen. Der Ermittlungsrichter beim Karlsruher Bundesgerichtshof hält Ingrid Strobl für „dringend verdächtig, zumindest … arbeitsteilig an dem Anschlag mitgewirkt und sich der Unterstützung bzw. der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ schuldig gemacht zu haben.
Der Spiegel, 8/1988, S. 95 f.

18. Dezember 1987
Auslieferung von Gabriele Kröcher-Tiedemann

Die RAF-Terroristin Gabriele Kröcher-Tiedemann (36), die u. a. am Wiener Opec-Attentat von 1975 beteiligt gewesen sein soll, wird von der Schweiz an die Bundesrepublik ausgeliefert und in die Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf überführt. Schon vor vier Jahren, am 24. 1. 1984, hätte der Opec-Prozeß in Köln beginnen und die Angeklagte dorthin überstellt werden sollen. Der Prozeß platzte jedoch, weil die Anklagebank leer geblieben war. Aus Angst davor, daß Deutschland zum Schauplatz von Terroranschlägen werden könnte, verzichteten die Justizbehörden damals auf die Auslieferung, zumal Gabriele Kröcher-Tiedemann seinerzeit ohnehin in der Schweiz eine Haftstrafe von 15 Jahren verbüßte. Nach Verbüßung von zwei Dritteln dieser Strafe wäre sie nun vor Weihnachten in der Schweiz auf freien Fuß gekommen, wenn die Bundesrepublik nicht auf ­ihrer Auslieferung bestanden hätte.
Der Spiegel, 3/1988, S. 80 f.

18. Dezember 1987
Festnahme mutmaßlicher RAF-Mitglieder

In Düsseldorf werden Andrea Sievering (28) und Erik Prauss (26) unter dem Verdacht der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF) festgenommen. Neben ihrer Mitgliedschaft in der RAF wird den beiden die Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf die Firma Dornier in Immenstaad am 25. Juli 1986 zur Last gelegt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. 12. 1987
Zusammengestellt von Hans-Helmuth Knütter und Alexander Helten

Abkürzungen der Literaturangaben

AL = Michael Bühnemann u. a. (Hg.): AL. Die Alternative Liste Berlin. Berlin 1984
APuZ = Aus Politik und Zeitgeschichte
Backes = Uwe Backes / Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1996
BPA-Bulletin = Bulletin des Bundespresseamtes (Bonn)
Schlomann = Friedrich W. Schlomann: Die Maulwürfe. Berlin 1994

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