Kritik des Parteiverbotssurrogats Teil 39:

Teil 39: Verfassungsschutz als Demokratiebedrohung: Zur zeitgeschichtlichen Freiheitsproblematik der BRD mit biografischem Bezug als „Rechtsabweichler im Ministerium“

Josef Schüßlburner

(Stand: 30.08.2025) Nach Ansicht des maßgeblichen Kommentars zum Grundgesetz sollte mit diesem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ein neuer Typ der demokratischen Staatsform errichtet werden, zu dessen Beschreibung gewissermaßen die Worte fehlen. Erkennbar ist zur Verhinderung von „Grundrechtsterror“ (Zitat!) der Deutschen die Verminderung der demokratischen Qualität des Grundgesetzes gegenüber der formalen Vorgängerverfassung, der freien Weimarer Reichsverfassung, was wie folgt auf den Punkt gebracht werden kann:  „Gegen das ´antidemokratische` Verhalten bestimmter Gruppen wurde fortifiziert, indem bestimmte Grundrechte bei Mißbrauch verwirkt (Art. 18) und bestimmte Parteien verfassungswidrig sein sollten (Art. 21). Gegen den irregeleiteten Volkswillen wurden die stärksten Bastionen errichtet: kein Volksbegehren, kein Volksentscheid…, keine Wahl des Bundespräsidenten durch das Volk…“  (Nachweis im Text).

Mit dieser Verminderung von Demokratie durch das Grundgesetz sollte nach Einschätzung des ehemaligen SPD-Generalsekretärs Peter Glotz sichergestellt werden, daß „das Volk (gemeint: die Deutschen, Anm.) nicht viel zu sagen hat, im Zweifelsfalle wählen sie doch alle Nazis.“ Das maßgebliche Mittel, dieses Anliegen der sich etablierenden und nunmehr fest etablierten Parteipolitik durchzusetzen, nämlich sicherzustellen, daß die Deutschen trotz Ausrufung einer als freiheitliche demokratische Grundordnung ausbuchstabierten Demokratie nicht zu viel zu sagen haben, besteht im Rechtsinstitut eines besonderen Parteiverbots, das im Freiheitsgrad unter dem Niveau des Deutschen Kaiserreichs einzuordnen ist. Ein Parteiverbot nach BRD-Recht ist nämlich direkt gegen die Gesamtheit der Wähler gerichtet, denen eine Wahloption aberkannt werden soll, wobei dieses Parteiverbot „ewig“ wirkt und darauf gestützt ist, daß von der zu verbietenden Partei „Ideen“ vertreten werden, die es durch Parteiverbot aus dem Prozeß der politischen Willensbildung auszuscheiden gelte. Eine derartige Parteiverbotskonzeption, wie sie das Bundesverfassungsgericht dem Grundgesetz entnommen hat, ist für eine „liberale Demokratie des Westens“ in der Tat ein völliger Fremdkörper! 

Gerade die aktuellen Verbotsforderungen von sog. „Demokraten“ (auch von solchen, die einst die DDR-Demokratie mit Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl verteidigt haben) gegen die maßgebliche Oppositionspartei AfD werfen deshalb die Frage der generelle Problematik der politischen Freiheit in der BRD auf, vor allem wenn man berücksichtigt, daß eine derartige Verbotsforderung in der westlichen Welt ein singuläre Vorgang ist: so etwas kann etwa dem Staat Ungarn unter Viktor Orbán nicht zum Vorwurf gemacht werden, wo nach Ansicht europäischer „Demokraten“ angeblich die Demokratie bedroht sei. Wie muß dies dann erst recht für die BRD zutreffen!

Da den intelligenteren Oppositionsparteiverbotsdemokraten der seit Besatzungszeiten etablierten Parteien (mit grünem Wurmfortsatz) bewußt ist, daß ein derartiges förmliches Parteiverbot den höchsten Verfassungswert der Bundesrepublik, nämlich ein gegenüber den ehemaligen Besatzungsmächten angestrebtes gutes Demokratie-Image, gefährden könnte, wird das Parteiverbot als permanentes Parteiverbotssurrogat bzw. als Parteiverbotsersatzregime durchgezogen. Kern dieses befremdlicher Weise von der Gerichtsbarkeit nicht als solches anerkanntes Parteiverbotsersatzregime ist die Bekanntmachung von „Extremisten“ durch sog. „Verfassungsschutzberichte“ durch die Polizeiministerien, wobei diese „Extremisten“ (kein Rechtsbegriff und damit bei amtlicher Verwendung eine Verletzung des Gesetzmäßigkeitsprinzips!) danach bestimmt werden, daß sie Auffassungen vertreten, welche den etablierten „Demokraten“ nicht gefallen, weil die zu bekämpfende Opposition damit bei den Wählern Erfolg haben könnte. Und diese sollen ja nicht zu viel zu sagen haben. Dies geschieht dadurch, daß man der eigentlich zu verbietenden Partei qualifizierte Mitglieder verwehrt, die diese Partei den Wählern als Kandidaten von Parlamentswahlen anbieten könnte. Dies erreicht man, indem man unter Berufung auf diese eigenartigen „Verfassungsschutzberichte“ gegen beamtete Mitglieder einer eigentlich zu verbietenden Partei Disziplinarmaßnahmen nach Möglichkeit mit dem Ziel der Dienstentfernung durchführt, wodurch sie dafür bestraft werden sollen, daß sie rechtmäßig vom Grundrecht der Meinungsfreiheit und der Vereinigungsfreiheit Gebrauch gemacht haben, um auf diese Weise sicherzustellen, daß die Wähler doch etwas zu sagen haben. Womit sie sich allerdings gegen die Grundmaxime des bundesdeutschen Parteienstaates als „verfassungsfeindlich“ versündigt haben, der doch durch Beschränkung des Parteienwettbewerbs das Gegenteil sicherstellen will: Bei den Deutschen wirken nämlich die Parteien politisch mit, nach der italienischen Parallelvorschrift wirken dagegen die Italiener an den Parteien mit, um damit demokratisch die nationale Politik zu bestimmen: Die Italiener haben also etwas zu sagen (so können sogar „Postfaschismus“ wählen), bei den Deutschen dagegen die Parteien. Wobei damit Parteien gemeint sind, die permanent Verbotsdrohungen gegen konkurrierende Parteien aussprechen, die von den amerikanischen Besatzungsbehörden wahrscheinlich nicht lizenziert worden wären (vielleicht noch von den britischen).

Als Anwendung des gegen das Mehrparteienprinzip und die Meinungsfreiheit gerichteten Parteiverbotssurrogats muß auch angesehen werden, wenn gegen Beamte disziplinarrechtlich vorgegangen wird, weil sie an sich völlig rechtmäßig bei Zeitschriften veröffentlichen, die als mögliches Vorfeld einer noch gar nicht bestehenden Oppositionspartei angesehen werden, mit deren Gründung sich jedoch in der Bundesrepublik Deutschland der Parteienpluralismus jenseits des alliierten Lizenzierungssystem als Ausgangspunkt der besonderen Parteiverbotskonzeption verwirklichen könnte. So werden im anliegend online gestellten Text die gegen den Betreiber dieser Website durchgeführten beamtenrechtlichen Diskriminierungsverfahren eingeordnet, auf die in der Anfang 2025 in Dialogform veröffentlichen Biographie ausführlich eingegangen wird:

Als Rechtsabweichler im Ministerium. Befragung zu besonderen Demokratieerlebnissen

Josef Schüßlburner und Bernd Kallina
Mit einem Vorwort von Bundesminister a.D. Prof. Dr. Rainer Ortleb
Klappenbroschur DIN A5
496 Seiten, 24,80 Euro
ISBN 978-3-87336-851-4
Veröffentlicht am 10.02.2025 beim Gerhard Hess Verlag

Das Problem dieser Verfahren besteht neben zahlreichen anderen die bundesdeutsche Freiheitsproblematik aufwerfenden Fragestellungen vor allem darin, daß nach der sog. Radikalenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts ja zugestanden wird, daß man eine Meinung haben darf, sogar mitteilen darf, daß man eine bestimmte Meinung habe, aber daraus keine politischen Folgen ableiten darf, sollte diese Meinung dem Staat ideologisch gefährlich sein. Ist aber nun die Veröffentlichung einer angeblich „verfassungsfeindlichen“ Ansicht, wie etwa den Antisemitismus maßgeblicher Nationalsozialisten in die sozialistische Ideenströmung des 19. Jahrhunderts mit weiterem Vorlauf eingeordnet und weniger als rassistisch gekennzeichnet zu haben (wie staatserschütternd!!!) nur die Mitteilung einer irgendwie zumindest einem Beamten verbotenen Ansicht, siehe hier, oder doch bereits die politische Umsetzung einer derartigen Ansicht? Es könnte ja der politische Zweck der staatlichen Bewältigung, nämlich die Verharmlosung des Sozialismus, unterminiert werden. Diese nur als zivilreligiös begreifbaren Fragen führen dann in der Tat zu besonderen Demokratieerlebnissen, die im oppositionellen Bereich für die Bundesrepublik Deutschland besonders kennzeichnend sind: Es offenbart sich der Demokratie-Sonderweg BRD, der sich zunehmend als die Demokratie bedrohend herausstellt! Und zwar in der Bundesrepublik Deutschland (und nicht in Ungarn, Polen oder den USA unter Präsident Trump).

Auf diese Problematik wird auch im nachfolgend online gestellten Beitrag eingegangen. Als Lösung ergibt sich für den Verfasser nur die Forderung nach Änderung des Grundgesetzes, nämlich vor allem (neben einigen anderen) die Ersetzung der Verbotsvorschriften nach Artikel 9 Abs. 2 GG (Vereinsverbot) und Art. 21 Abs. 2 GG (Parteiverbot) durch eine Regelung, die dem dänischen Verfassungsrecht zu entnehmen ist:

„Vereine (unter Einschluß von politischen Parteien, Anm.), die sich unter Anwendung von Gewalt betätigen oder ihre Ziele durch Gewaltanwendung, Anstiftung zu Gewaltanwendung oder ähnliche strafbare Beeinflussung Andersdenkender zu erreichen suchen, werden durch Gerichtsurteil aufgelöst.“

Dies sollte sich vor allem im legitimen Eigeninteresse die derzeit von Parteiverbotsforderungen betroffene Partei zu eigen machen, um auf diese Weise endlich eine „liberale Demokratie des Westens“ mit dem Freiheitsniveau der Weimarer Reichsverfassung zu verwirklichen. Damit wäre auch sichergestellt, daß das Volk, also die Deutschen, dem Freiheitsversprechen einer Demokratie entsprechend endlich doch einmal etwas zu sagen hat.

Hinweis
Der nachfolgend online gestellte Beitrag ist aus einem Vortrag hervorgegangen; deshalb sind kaum Literaturhinweise enthalten. Diese finden sich in den zahlreichen Texten des Verfassers, mit denen im nachfolgend online gestellten Text eine Verlinkung vorgenommen ist.

„Kritik des Parteiverbotssurrogats Teil 39“

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