Allgemeines
Im Jahre 1996 gibt es ohne die PDS 35.200 Linksextreme, die PDS hat 110.000 Mitglieder, so daß von 145.200 Linksextremisten auszugehen ist. 6.600 Linksextremisten gelten als gewaltbereit und terroristisch. Hinzu kommt in diesem Falle ein Mobilisierungspotential von einigen tausend Personen. Die DKB hat noch 6.200 Mitglieder, die Kommunistische Plattform in der PDS ca. 5.000. Ca. 40 linksextreme Verlage veröffentlichen 250 Periodika (50 weniger als im Vorjahr) mit 4 Millionen Exemplaren Auflage. Die Zeitschrift „radikal“ Nr. 153 und 154 veröffentlicht im Internet Anleitungen zur Sabotage des Schienenverkehrs.
Linksextremisten haben 1996 932 (1995: 965) Gewalttaten begangen. Hauptsächlich betreffen sie gefährliche Eingriffe in den Verkehr und Sachbeschädigungen. Regionale Schwerpunkte waren Niedersachsen und Berlin. Die östlichen Bundesländer haben eine untergeordnete Bedeutung. Die 1992 gegründete „Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation (AA/BO)“ besteht aus elf Gruppen in acht Regionen (1995: 17 Gruppen). Dazu zählen: Antifaschistische Aktion Berlin (AAB), Unabhängige Antifa Bielefeld, Antifa Bonn/Rhein-Sieg, Autonome Antifa (M) Göttingen.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 23 f., 27, 30 f., 41 f.
Januar 1996
Marxistisches Forum (PDS) für Gewalt
In der Zeitschrift „Marxistisches Forum“, Januar 1996, heißt es, der Kapitalismus sei gewalttätig, deshalb bestimme er auf dem Wege zum Sozialismus die Mittel des Kampfes. Die Sozialisten dürfen sich nicht in die Defensive drängen lassen.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 62
14. Januar 1996
Krawalle bei Luxemburg- Liebknecht-Demonstration
Anläßlich der Demonstration kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Die „AG Autonome Gruppen in und bei der PDS“ billigt die Vorfälle und fordert zum Zurückschlagen auf.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 61
27./28. Januar 1996
PDS will das System überwinden
Anläßlich des Parteitages in Magdeburg und bei zahlreichen anderen Gelegenheiten grenzt sich die PDS von anderen Parteien ab und erklärt ihren Willen zur Systemüberwindung.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 56 ff.
3./4. Februar 1996
DKP-Aktivitäten
Die DKP veranstaltet ihren Parteitag in Dortmund. Sie hat sich bei 6.000 Mitgliedern konsolidiert. Die DKP propagiert den revolutionären Bruch mit bestehenden Gesellschaftsformen.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 64
25.Februar 1996
Antiimperialistische Zellen
In Witzhave (Schleswig-Holstein) werden zwei Personen festgenommen. Offenbar sind damit die als viel größer und gefährlicher eingeschätzten AIZ zerschlagen.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 34
29. Februar bis 23. Oktober 1996
Anschläge auf Bahneinrichtungen
Am 29. Februar wird bei Potsdam-Mittelmark ein Tragmast der Bahnleitungen zerstört. Sachschaden: 500.000 DM. Ähnliche Fälle: 1. 5.: Strecke Hannover–Minden (1 Million), 7./8. 5.: zahlreiche Sabotageakte gegen Castor-Transport (mehrere Millionen), 7. 10.: 12 Anschläge in verschiedenen Bundesländern in Zusammenhang mit Castor-Transporten, 23. 10.: Bei einem Hakenkrallenanschlag auf der Strecke Hamburg–Bremen wird ein Lokführer verletzt. Die Täter bleiben, wie üblich, „unbekannt“.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 53
16./17. März 1996
AG Junger GenossInnen in und bei der PDS
Die AG, angeblich 1.500–2.000 Mitglieder umfassend, veranstaltet in Bielefeld einen Bundeskongreß. In einem „Grundsatzpapier“ spricht sie sich für eine sozialistische Gesellschaft aus und sieht sich im Widerspruch zur existierenden Gesellschaft. Die AG hat sich mit gewaltbereiten Linksextremisten solidarisiert. Angela Marquardt, stellvertretende Parteivorsitzende der PDS und Sprecherin der AG, hat sich mit der linksextremistischen Untergrundzeitschrift „radikal“ solidarisiert.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 60 f.
20. März 1996
Linksextreme gegen SPD
Vor dem Haus eines SPD-MdB in Wuppertal demonstrieren 15 Vermummte mit Feuerwerkskörpern wegen dessen Eintreten gegen den Befreiungskampf der Kurden.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 54
25. März 1996
Sprengstoffanschlag „Klasse gegen Klasse“
Die linksextreme Gruppe, die seit 1992 ca. 50 Brand- und 6 Sprengstoffanschläge verübt hat, unternimmt einen Sprengstoffanschlag auf das Haus des Dekans der juristischen Fakultät der Freien Universität Berlin, weil er ein „Handlanger des kapitalistischen Systems“ sei und ein Gutachten zum Tarifrecht erstellt hatte.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 43
28. März 1996
PKK-Chef Öcalan droht Gewalt in der Bundesrepublik an
Der Chef der seit 1993 in der BRD offiziell verbotenen linksextremen Arbeiterpartei Kurdistans PKK, Abullah Öcalan, droht in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, Deutschland zum Schauplatz von Gewalt und Terror zu machen. Er hält Selbstmordanschläge nicht für ausgeschlossen. Öcalan verurteilt die deutsche Militärhilfe an die Türkei und droht mit Attentaten in den Touristenregionen.
Archiv der Gegenwart 1996, S. 41085 A/3
26. April 1996
PDS billigt Gewalt – gewaltfrei
Im PDS-Pressedienst unterstützt die Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter einen Aufruf zur Schienendemontage am Atomkraftwerk Grundremmingen / Bayern: „Mit handwerklichen Mitteln, absolut gewaltfrei sollen Schienen demontiert werden.“
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 58
1. Mai 1996
PDS an Mai-Krawallen beteiligt
Die PDS Kreuzberg unterstützt mit ihrer „AG Autonome Gruppe in und bei der PDS“ sowie den PDS-nahen Anti-Repressionsbüros die Krawalle am 1. Mai in Berlin.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 59
26. Mai 1996
Abschiebehaftanstalt Büren
6.000 Demonstranten marschieren vor der Haftanstalt auf, um gegen Abschiebungen zu protestieren. Die Polizei verhindert Ausschreitungen des gewalttätigen „Schwarzen Blocks“ „weitgehend“.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 44
Juni 1996
RAF-Häftling in „konkret“
Helmut Pohl kann der linksextremen Zeitschrift „konkret“ ein Interview geben, in dem er die RAF zur Auflösung auffordert.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 34
3. Juni 1996
Linksextreme Demo gegen Nato
In Berlin demonstrieren 2.000 Linksextremisten gegen eine Tagung des Nato-Rates. Sie berufen sich auf frühere Gewaltaktionen, so den Sprengstoffanschlag der RAF auf das US-Hauptquartier in Heidelberg (3 Tote, 5 Verletzte). Jetzt werden Personen durch Steinwürfe verletzt, so die Ehefrau des früheren Verteidigungsministers Manfred Wörner und ihr Fahrer.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 48
29. Juni 1996
Linksextremer Krawall gegen Theodor Oberländer
Vor dem Haus des ehemaligen Bundesministers Theodor Oberländer in Bonn demonstrieren vermummte Linksextremisten. Sie verursachen Sachbeschädigungen.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 46
9. Juli 1996
Linksextremisten sabotieren Flughafen
Glasfaserleitungen der Stadt und des Flughafens Frankfurt am Main werden von Linksextremisten zerschnitten, um Abschiebungen zu behindern. Bereits am 1. 2. 1995 hatte ein ähnlicher Anschlag stattgefunden.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 44 f.
27. Juli bis 3. August 1996
Internationale Kontakte
In Chiapas (Mexiko) findet ein „internationales Treffen für eine menschliche Gesellschaft und gegen Neoliberalismus“ statt. Dort nimmt auch die Frankfurter Vereinigung „Kein Friede“ teil, eine RAF-nahe Gruppe.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 38
August 1996
Antiimperialisten
Antiimperialistische Gruppen schließen sich zusammen. Dazu gehören „Linker Aufbruch“ (Gütersloh), „Revolutionäre Organisation jetzt aufbauen“ (Marburg) und „Jarama – Jugend gegen Faschismus und Krieg“ (Mainz). Namengebend ist die letztgenannte Vereinigung.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 36
3./4. August 1996
PDS für kommunistische Plattform
Im „Neuen Deutschland“ solidarisiert sich der Parteivorsitzende Lothar Bisky ausdrücklich mit der KPF, die sich auf dem Boden von Programm und Statut der PDS bewege.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 60
31. August 1996
Linksextreme Demonstration trotz Verbots
In Grevesmühlen findet trotz Verbots eine gewalttätige Demonstration zugunsten des Libanesen Safwan Eid statt. Er war beschuldigt, am 18. 1. 1996 in einem Lübecker Asylheim einen Brand gelegt zu haben, bei dem zehn Asylanten zu Tode kamen. Die Linksextremisten beschuldigen in Grevesmühlen wohnende Rechtsextremisten der Tat.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 45 f.
15. September 1996
PDS kooperiert mit Linksextremisten
Bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen erringt die PDS acht Mandate. Sie hat Kandidaten der „Roten Hilfe“ und der „Autonomen Antifa (M)“ aufgestellt.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 63
31. Oktober 1996
„Unbekannte“ begehen Anschläge
In Berlin verüben Linksextremisten einen Anschlag auf die Niederlassung der Daimler-Benz AG in Charlottenburg. Der Sachschaden beträgt 200.000 DM. Die Täter bleiben, wie üblich, „unbekannt“.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 50, 81
November 1996
PDS droht mit Gewalt
In einem Flugblatt droht die PDS Krawall an: „Pro Räumung – eine Million Sachschaden. Der Angriff auf Daimler-Benz, der Angriff auf die Straßenbahn, etliche Entglasungen und Brandanschläge werden wohl kaum das letzte gewesen sein … Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis es wieder knallt.“
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 59
1. November 1996
Linker Überfall auf Straßenbahn
15 Vermummte stoppen in Berlin-Friedrichshain eine Straßenbahn, die sie in Brand setzen. Die Untergrundzeitschrift „Interim“ rechtfertigt dies mit polizeilichen Maßnahmen gegen Hausbesetzer.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 50
5. November 1996
Hogefeld verurteilt
Die RAF-Terroristin Birgit Hogefeld, die im Juni 1993 in Bad Kleinen gefaßt wurde, wird in Frankfurt am Main zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Verurteilung erfolgt wegen Beteiligung an der Ermordung des US-Soldaten Edward Pimental, einem Sprengstoffattentat auf die amerikanische Luftwaffenbasis in Frankfurt am Main 1985, wegen Teilnahme am Attentat auf Staatssekretär Hans Tietmeyer und des Sprengstoffanschlages auf die Haftanstalt Weiterstadt.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 34
16. November 1996
Linksextremer Krawall in Wurzen
In Wurzen (bei Leipzig) rotten sich zahlreiche Linksextremisten (nach eigenen Angaben 6.000) zu einer antifaschistischen Demonstration unter dem Motto „Kampf den braunen Zonen – Den rechten Konsens durchbrechen“ zusammen. An der Vorbereitung aktiv beteiligt ist die PDS, die eine Zusammenarbeit mit den gewalttätigen Autonomen ausdrücklich billigt
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 47, 59
23. November 1996
Linksextreme gegen Abschiebungen
In Glasmoor bei Hamburg kommt es bei einer linksextremen Demonstration gegen Abschiebungen zu Gewalttaten gegen Polizisten.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 44
29. November 1996
RAF meldet sich
Die „Rote-Armee-Fraktion“ meldet sich mit zwei Erklärungen (die zweite erfolgt am 9. 12. 1996). Der Aufruf enthält die Forderung, keine Aussagen über legale oder illegale Forderungen zu machen. Anlaß sind Prozesse und Ermittlungen gegen einige inhaftierte RAF-Angehörige.
Verfassungsschutzbericht 1996, S. 33 ff.
Zusammengestellt von Hans-Helmuth Knütter und Alexander Helten
Abkürzungen der Literaturangaben
AL = Michael Bühnemann u. a. (Hg.): AL. Die Alternative Liste Berlin. Berlin 1984
APuZ = Aus Politik und Zeitgeschichte
Backes = Uwe Backes / Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1996
BPA-Bulletin = Bulletin des Bundespresseamtes (Bonn)
Schlomann = Friedrich W. Schlomann: Die Maulwürfe. Berlin 1994